Schrecklichen Traum gehabt. Im Keller vom B-Bau habe ich ein Grab ausgehoben, im flackernden Licht des Ofens, der dort brannte. Im Zimmer und um mich herum glimmten immer noch die Schulbücher, Urkunden und Zeugnisse, die ich hier angezündet habe. Eine Stelle hatte ich freigeräumt und dort begonnen ein Loch zu buddeln. Unter der Mauer durch, ins Freie. Dachte ich anfangs jedenfalls. Aber als ich gerade tief genug war und waagerecht weiter buddeln wollte, brach meine Schaufel ab und ich kletterte heraus. Als ich von oben zurück blickte, lag Daniel dort unten. Tot. Der, der mich gewürgt hat. Von jemandem mit einer Schaufel erschlagen. War ich das gewesen? Nein, ein Virus, sagte ich mir. Corona. Das änderte trotzdem nichts an meinen Schuldgefühlen. Ich schob die Erde mit bloßen Händen in die Grube und heulte. Klumpen und Tränen prasselte auf ihn hinab, und je mehr er bedeckt war, desto dunkler wurde es, das Feuer hinter mir erlosch. Ich war allein hier unten, im Dunkeln, wusste nicht wohin, und dann wachte ich endlich auf.
Was muss ich denn noch tun, um endlich diese verdammte Schule hinter mir lassen zu können? Wo hört das auf? Oder wann?
Ich will endlich tun, was mir im Traum nie einfällt, will die Klassenräume betreten, in ihnen sitzen und die Lektionen verstehen, die ich dort gelernt habe. Nicht die Schulfächer, Himmel nein, nicht das angehäufte, unnütze Wissen, sondern was ich dort zu ertragen eingeübt habe, und dann daraus ausbrechen. Mit einer Geheimwaffe, wie mir Clara und Dennis geraten haben, aber mir fällt nur Evelyn ein. Die war ja auch im B-Bau, als ich mich in sie verguckt habe, oder nicht? Jünger als ich. Zwei Jahre? Drei? Damals kam mir das so verdammt viel vor.
Oder sind wir etwa alle auf ewig dazu verdammt diese Lektionen zu wiederholen, in der Arbeit im Büro, wo immer wir dann auch sitzen. Allein die Wiederholung der Routine des zur gleichen Zeit Aufstehens, Anziehens und zur Arbeit Gehens, ruft ab, was wir dort gelernt haben, oder etwa nicht? Es ist wie immer noch zur Schule gehen. Ankommen, und dann sitzend alles über sich ergehen lassen, vom Chef, den Mitarbeitern, den Kunden. Diese Schulsachen hängen an unseren Beinen wie ein Betonklotz, während der Meeresspiegel langsam und unaufhaltsam steigt. Wir werden in unserem Leben ersaufen, wenn wir uns nicht davon lösen.
Das in München war doch ein größerer Cluster, aber scheint tatsächlich unter Kontrolle zu sein. Na, da haben wir nochmal Schwein gehabt, würde ich sagen. Haarscharf an der Katastrophe vorbei geschrammt. Vielleicht ist es doch manchmal gut, dass Leute nur den ganzen Tag im Büro sitzen, und nur mit einem sehr überschaubaren Kreis an Menschen in Berührung kommen. In diesem Fall hat es uns wohl den Arsch gerettet.
Nach dem Frühstück den Becher in den Rucksack gepackt und auf zur Bibliothek, vielleicht habe ich ja heute Glück.