Bin wieder zurück, glücklich und verwirrt. Sie war wieder da und ich wusste erst nicht, ob sie mich wiedererkannt hat. Aber als ich an dem Bücherstand vorbei ging, den sie gerade neu arrangierte, lächelte sie mir zu. Gut, das hätte wahrscheinlich für jeden Besucher gegolten, aber sie nahm einen kleinen Bücherstapel in eine Hand, der dann mit einem Raketengeräusch abhob, nahm mit der anderen Hand unten Bücher weg und ließ sie auf den Tisch plumpsen, beschrieb mit dem letzten einen Parabelflug, klappte es kurz nach dem Scheitelpunkt auseinander und es glitt wie an einem Fallschirm langsam nach unten. Ich verdrehte die Augen und nickte mit einem ehrlichen Seufzer.
Ich trat mit einem Schritt näher an den Tisch heran und guckte, was sie machte. Das Pestbuch, Die Pest, The Stand – Das Letzte Gefecht, Das Jahr der Flut und viele andere vermutlich inhaltlich ähnlich gelagerte Titel, die mir aber nichts sagten. Meine Augenbrauen gingen nach oben, ebenso ihre Mundwinkel.
„Das Licht der letzten Tage würde da gut zu passen“, flüsterte ich.
Sie drehte sich zu ihrem Bücherwagen um, kramte eins heraus und hielt es mir grinsend entgegen.
„Da ist es ja“, sagte ich leise und deutete dann vage auf die ausgebreitete Sammlung. „Wegen Corona, nehme ich an.“
Diesmal präsentierte sie mir nach kurzer Suche A Clash of Kings. Auf mein Stirnrunzeln hin zeichnete sie mit einem Finger die Krone auf dem Cover nach – ganz so, wie es auch die Tapping-ASMR-Artists machen. Dann lachte sie so laut, dass ich direkt zusammenzuckte und herunterrasselnde Gitter vor Fenstern und Türen erwartete, aber alles blieb ruhig. Mir fiel erst jetzt auf, dass sie einen Kopf größer war als ich. Wahrscheinlich weil ich bei unserer ersten Begegnung am Regal in die Hocke gegangen war, und sie danach hinter dem Schreibtisch gesessen hatte. Vorsichtshalber hielt ich mir den Mund zu, was sie noch mehr zum Lachen brachte.
„Außer uns ist niemand hier“, sagte sie immer noch kichernd. „Du kannst ruhig laut sprechen.“
„Ich versuch’s“, antwortete ich. Und dann etwas lauter: „Das fühlt sich einfach nicht richtig an.“
„Bist du einer von denen, die auch nachts an einer roten Ampel stehen bleiben, obwohl nirgendwo eine Menschenseele unterwegs ist?“
„Äh, ja?“, sagte ich vorsichtig und sah schon einen Hauch Enttäuschung in ihrem Blick. „Aber erst in der Straßenmitte um zu gucken, ob auch wirklich gerade niemand kommt.“
Ich deutete auf ihr Bucharrangement. „Und du hast die alle gelesen?“
„Ja klar“, sagte sie sofort.
„Beeindruckend.“ Oh, ich Esel. „Was ich eigentlich meinte ist: welches kannst du mir empfehlen, weil ich kenn bisher nur das eine.“ „Hat es dir denn gefallen?“