19.03.20

Auf Station hat Dr. Weber erzählt, dass er von Kollegen aus Syndey gerade gehört habe, dass dort bei einer Frühgeburt die Placenta ausgesehen habe wie von einer Raucherin. Nur dass die Mutter nie im Leben geraucht hat. So schlecht ist dort die Luftqualität von dem ganzen Qualm gewesen. Oder immer noch? Ich weiß es nicht einmal mehr. Corona hat alles andere aus den Nachrichten verdrängt.

Bilder aus Bergamo. Eine Kolonne an Militärlastern transportiert Särge ab. Die kommen mit den Bestattungen nicht mehr hinterher. Fünf Ärzte sind dort diese Woche an COVID-19 gestorben, und ein Zehntel der Belegschaft ist infiziert. Kein Personal, keine Medikamente, keine freien Betten, keine Beatmungsgeräte, Schutzanzüge oder Masken. Was könnte jetzt noch schiefgehen?

Die Ansprache der Kanzlerin von gestern gesehen. „Gemeinsames, solidarisches Handeln.“ Ja gerne, aber bei uns treten sie jetzt schon den ganzen Spender aus der Wand. Die Schrauben waren noch in der Wand und die Halterung ist gesplittert. Dahinter bröckelt der Putz, und in manchen Köpfen auch. Die Leute drehen durch.
Wir bleiben zu Hause? Ja, ihr vielleicht.
Schwester Heide versucht sich jetzt sogar am Nähen von Schutzkleidung aus Müllsäcken. Was bin ich stolz auf diese Frau.

Ich rufe Walentyna an, und heute geht sie wieder ran. Dann ist es immer ein guter Tag. „Du, wir könnten doch Birdy zusammen gucken? Wir starten die DVDs gleichzeitig, das ist doch als wären wir zusammen.“
„Bist du etwa einer von denen, die beim Filmschauen erklären, was man gerade sieht? Oder noch schlimmer anderen?“
„Nein, ich glaube nicht“, sagte ich verunsichert. Ich wusste nicht einmal, ob ich im Schlaf redete.
„Außerdem habe ich die DVD gar nicht mit. Aber vielleicht machen wir es einfach anders?“
„Was schlägst du vor?“
„Wir könnten zum Beispiel einfach zufällig zur gleichen Zeit jeder für sich einen Film gucken, aber ohne dem anderen zu sagen welchen. Und dann tun wir so, als wäre es der gleiche und erklären uns gegenseitig die Handlung.“
„Das … klingt lustig. Lass uns das machen!“
„Morgen um Acht?“
„Gern … ach, geht ja gar nicht. Ich habe Nachtschicht.“

© Jens Prausnitz 2023

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