11. Oktober 2019 – Nachtschicht

Hab wirklich tief geschlafen heute, keine Träume, nichts. Fühle mich zwar ziemlich gerädert, aber wohl nur deshalb, weil ich noch gar nicht ganz wach bin. Ich mach jetzt nix außer Frühstücken, auf dem Balkon sitzen und in den Himmel gucken.

Auf Station, Schlüsselrunde gedreht. Manchmal nervt es mich ja, wie so’n Nachtwächter mit seinem Schlüsselbund durch die Klinik zu laufen und an Türen zu rütteln, von denen ich weiß, dass sie abgesperrt sind. Aber dann fällt mir wieder ein, wie angenehm es ist in so einer kleinen Klinik zu arbeiten, anstatt in einer Uni-Klinik in der Großstadt. Gerade diese Verschlafenheit hat auch ihren Charme, weil man mehr Zeit für die kleinen und jungen Patienten hat. Plus manchmal Schlüsseldienst.

Dass das Budget hier nicht für einen Nachtwächter und Pförtner reicht, steht natürlich auf einem anderen Blatt. So klingelt es nachts bei Notfällen auf Station 3, der diensthabende Pfleger geht runter und lässt die Patienten rein, und begleitet sie mit ihren besorgten Eltern in eins der beiden Aufnahmezimmer, wo sie dann auf den diensthabenden Arzt warten. Ab da überschneiden sich die Tätigkeiten dann ja wieder mit meinem eigentlichen Aufgabenbereich.

Außerdem ist es meistens besser, wenn zuerst ein Mann geht, obwohl der Eingangsbereich doppelt gesichert und Video überwacht ist. So erkennt man die Spaßvögel, die alle Schaltjahre mal auf die geniale Idee kommen bei uns Klingelstreiche zu spielen schon daran, dass man sie gar nicht erst zu Gesicht bekommt. Ansonsten sieht man schon durch die Kamera, wer da so steht, und die explosiven Vätertypen erkennt man schon an ihrer Körpersprache. Die gewalttätigen oft auch gerade daran, wenn sie ihre Partnerin mit dem Kind vorschicken, aber selbst etwas abseits im Schatten stehen bleiben. Dann gehe immer ich.

Den Schlüsseldienst brummen wir normalerweise unseren PJ-lern oder Studenten auf. Wenn wir aber grad mal keinen haben, mach ich es doch meist gerne wieder freiwillig, und irgendwie wissen das auch alle, und ich hab mich daran gewöhnt.

Nach der Scheibenwischer-Nachricht an Lukas bin ich fast wie eine Fledermaus nur nach Gehör nach Hause gelaufen, mit schon geschlossenen Augen. Aufgeweckt hat mich dann Nadine. Also eigentlich ein lautes Klopfen unten ans Fenster. Ein Stockwerk höher lehnte ich mich fluchend hinaus, weil ich beim Öffnen den Fensterbrett-Bestand auf den Fußboden und meine nackten Füße befördert hatte, und verstummte, als ich das unscharfe Gesicht von Nadine unten erspähte, die zu mir hoch sah. Ich erkannte sogar ohne Brille, dass etwas nicht stimmte.

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