Mutter ist fast ausgeflippt, als ich ihr die Einkäufe in die Wohnung schleppte. Sie hat glatt vergessen mich die oberen Schränke einräumen zu lassen. Es war aber mehr Sorge um mich, habe ich den Eindruck. Lieber würde sie für mich einkaufen gehen, wenn sie mich damit irgendwie schützen könnte.
„Mama, ich geh doch auch arbeiten, und da ist bisher alles ruhig.“ Und genau das bereitet mir ein ungutes Gefühl. Weil schon bei uns Kittel, Masken und Co. zur Neige gehen. Schwester Heide näht tapfer im Akkord und bringt jeden Tag einen neuen Schwung mit. So habe ich auch endlich eine für mich und sie.
Nachdenklich hielt sie sie in Händen. „Vielleicht versuche ich mich auch mal am Nähen. War nie meins. Aber wenn ich sonst schon nicht helfen darf … Alte Bettwäsche, sagst du?“
Ich nickte und hätte ihr gerne etwas aufmunterndes gesagt. Sie wirkte so niedergeschlagen. Natürlich fragte sie nach den Patenkindern, und wie gerne hätte ich sie damit überrascht, dass es ihre Enkel sind, damit sie sich auf etwas freuen kann, wenn sie sie irgendwann sieht. Aber wie soll das denn gehen? Also schwiegen wir einander an. Es blieb bei wenigen Worten über das pragmatische.
Aber sie ist beeindruckt, dass ich das mit den Kippen tatsächlich durchhalte. Es sei die Hölle sage ich.
„Hast du es mit Nikotinpflastern oder -kaugummis probiert?“ Oh, ich Volltrottel.
Fotos von Pflegepersonal aus Korea – es sieht überall genauso aus. Die Welt rückt irgendwie näher zusammen, könnte man meinen. Wie sich die Bilder gleichen. Wir werden uns bald in der Straßenbahn gegenseitig daran erkennen.
© Jens Prausnitz 2023