Puh, nach der Arbeit habe ich gestern schon das nächste Nachmittagsschläfchen gehalten. Diese lange Nacht auf der Polizeiwache war zu viel für mich. Wie habe ich sowas denn bitte früher weggesteckt? Also ohne verhaftet worden zu sein, einfach nur durchmachen, wenig Schlaf und all das? Jetzt haut mich immer mehr ziemlich schnell aus den Latschen. Ja, ich weiß, dass das dieses älter werden sein muss. Oder schlimmer, man fängt an alt zu sein. Beides hat ein paar Jahre überlappend stattgefunden, und dann steht man bedröppelt da.
Am Abend bin ich nur rumgesessen und hab Musik gehört: „A Farewell To Kings“. Ein wunderbares Album, auch zum nebenher hören. Das entlockt einem schon hier und da ein Lächeln, wenn dann aber der Bass von „Cygnus X-1“ lauter wird, lässt man alles stehen und liegen. Man muss einfach das 1-2-1-3 Pattern mitzählen, als würde es an der Tür klopfen. Der Groove ist einfach so geil, den muss man reinlassen. Und der Bassound kickt einfach nur hart.
Vielleicht sollte ich mal meinen Biorhythmus in Ordnung bringen und unabhängig vom Dienst einfach jeden Tag früher aufstehen. Schweren Herzens habe ich jetzt meinen Wecker auf täglich fünf Uhr morgens gelassen. Ob es daran gelegen hat, dass ich mich heute einigermaßen ausgeschlafen gefühlt habe, sollten dann die nächsten Tage zeigen.
Bis Daniel wieder mit Nadja sprechen konnte, war auch die Berliner Mauer abgetragen. Mit jedem Stückchen Beton erkämpfte Daniel sich ein Wort zurück, stückelte sich bröckchenweise einen Wortschatz zusammen, der nicht mehr so recht ineinander passen wollte. Es war und blieb lange nichts weiter als Geröll und Schotter zwischen ihnen, zerstörte Träume.
Nadja schrieb sich wieder an der Uni ein, erstickte sich im Studium, und Daniel tat es ihr gleich und arbeite bis zum Umfallen. Weil sie zu Hause nicht lernen konnte, ohne auf Geräusche aus dem Nebenzimmer zu warten, die nie kamen, suchte sie sich einen Job. Sie übernahm zunächst die Nachtschichten einer Hotelrezeption am Wochenende, die es ihr ermöglichten parallel weiter zu lernen. Das passte ja zusammen, von den Sternen zu lesen, während sie draußen über einem leuchteten. Theoretisch jedenfalls, denn in der Stadt war es dafür viel zu hell. Nadja schlief am Wochenende länger, und Daniel blieb nicht im Haus, sondern gab auch dann wieder Gitarrenstunden.