08. Oktober 2019 – Nachtschicht

Also einen Klartraum habe ich nicht gehabt, aber einen Urinus- Interuptus. Soll heißen, ich musste im Traum so dolle, dass sich dort alles um Toiletten drehte. Wahrscheinlich Nachwirkungen von dem dämlichen Tee. Erst konnte ich kein Klo finden, dann war es außer Betrieb. Später war ich in der Wohnung, das heißt in unserer alten Wohnung in Vilshofen, und wollte dort, aber das war besetzt. Ich musste schon so dolle, dass ich zum Küchenwaschbecken ging, das stand aber mit ungewaschenem Geschirr voll, was völlig untypisch war, und dann konnte ich nicht, obwohl ich wollte, halt nur nicht dort. Also habe ich einen Putzeimer aus dem Schrank genommen, und endlos reingepinkelt. Es hörte überhaupt nicht mehr auf, und ich musste immer noch! Bevor der Eimer überlief, habe ich dann doch aufgehört, aber es war noch immer so schlimm, wie vorher. Eigentlich hätte mir spätestens dann aufgehen müssen, dass ich träume, denn der Eimer fasst fünf Liter. Bin ich aber nicht. Die Suche ging noch eine Weile weiter, und dann merkte ich, dass ich im Bett lag, und nun ja, in echt aufs Klo musste.

Ich glaube, das beste Zeichen für Klarträume ist, wenn man nicht pinkeln gehen kann. Nirgends! Oder es bringt exakt null Erleichterung. Nicht nur Lichtschalter und Uhren funktionieren nicht, sondern allem voran die Toiletten am allerwenigsten. Immer ist irgendwas, wegen Renovierung geschlossen, die Schüssel nicht angeschlossen, oder verdreckt, hinter der Ecke steht schon einer, und wenn es doch klappt, dann muss man danach gleich wieder. Muss Mama mal fragen, ob ich jemals ins Bett gemacht hab, also als Kind, nicht als Baby.

Am Abend folgte eine Achterbahn der Gefühle, wie ich sie seitdem nicht wieder erlebt habe. Dabei fing alles so toll an. Ich war gerade dabei nach im großen Zelt nach dem Abendessen aufzuräumen, als sich Cartoon-Klänge unter meine Handgriffe legten, eine Posaune begleite meine Rumpfbeuge vorwärts mit einer abwärts rutschtenden Tonleiter, und eine gedämpfte Trompete machte Wap-Wap zu meinem Tellergeklapper. Im ersten Augenblick tat ich das belustigt als Anzeichen von Übernächtigung ab. Dann bemerkte ich, dass meine Kollegen alle grinsend in eine Richtung schauten, und als ich nachsah packte dort tatsächlich gerade eine Band ihre Instrumente aus und schraubte noch an ihren Mundstücken herum.

Ich trug Kisten heraus, als würde ich noch schnell das Geschirr in Sicherheit bringen wollen, die Neubürger strömten in entgegen gesetzter Richtung in das Zelt, und im Nu herrschte dort eine gelöste Stimmung, wie ich sie noch auf keinem Vilshofener Straßenfest erlebt habe. Und das alles ohne Alkohol! Nüchtern. Ich meine, ich hatte ihnen den dünnen Tee gerade erst ausgeschenkt und selber getrunken, da war nichts drin gewesen, das diese Extase erklärt hätte.

Die Flüchtlinge feierten unsere New Orleans City Stompers, als stünde dort Michael Jackson auf der Bühne. Oder Rush. Der Dixieland Jazz hat hier immer für gute Laune gesorgt, nur war ich halt daran gewohnt, dass die Leute dabei stur vor ihrem Bier oder der Weinschorle saßen, aber hier wurde stattdessen getanzt, wie bei den aktuellen Top 10 in einer Disco bei Tequila und Prosecco. Als hätte es in der DDR keine Live-Musik gegeben, es war mir zwar unbegreiflich, aber freute mich doch. Warum auch nicht? Wenn man Herrn Wittmann mit seiner Posaune sah, war er wie ein anderer Mensch, und man wünschte, er hielte sie auch im Laden für die Kunden unsichtbar hinter seinem Rücken verborgen, um sofort darauf zu spielen, wenn man sich den Regalen zuwendete. Vielleicht irre ich mich, aber ich glaube das hätte den Umsatz ordentlich angekurbelt. Ob ihm die Posaune dann aber noch so viel Spaß bereitet hätte? Oder die Ehe gehalten? Geschäft ist halt was anderes als Üben, Proben und Auftreten. Und das wusste ich, ohne selbst überhaupt jemals aufgetreten zu sein. Das Leben ist halt eine Flickschusterei, ob mit oder ohne Jazz, aber mit Musik auf jeden Fall leichter zu ertragen.

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