21. September 2019 – Treffen mit Mama (Sa)

Gestern war ich zu erschöpft um noch zu schreiben. Wie Clara und Dennis in Berlin war ich demonstrieren. Den größten Stress bereitete mir tatsächlich ein Schild vorzubereiten. Also nicht das basteln selber, sondern was ich drauf schreiben sollte. Das erinnerte mich an die Suche nach einem Bandnamen, obwohl diesmal nicht meine besten Freunde überzeugt werden mussten. Aber ich würde damit ja sogar öffentlich auftreten, und das Publikum war größer, als wir jemals hatten. Außerdem musste ich mich damit später vor meinen Patenkindern rechtfertigen. Kurz war ich versucht einfach das Peace- Zeichen zu malen, aber dann schrieb ich einfach „prüfungsrelevant“ in die Mitte. Natürlich gefühlt zu klein, also malte ich noch nach außen weisende Pfeile drumherum. Weil sich die Rückseite zu nackt anfühlte, zollte ich der Internationalität der Demonstration Rechnung, indem ich dort noch „science over profit“ notierte. Na also, geht doch.

In Aachen war zu meiner Überraschung mehr los, als ich erwartet hätte. Mein Wende-Schild hat direkt ein paar Schmunzler hervor gerufen, und damit war ich schon zufrieden. Ich hab überhaupt nur eins gemacht, um nicht versehentlich von Eltern als potentieller Pädophiler beäugt zu werden. Dafür hat’s wohl gereicht. Mein neues Lieblingsplakat war diesmal “more trees, less assholes”. Der Ton wird rauer, das darf man auch spüren.

Weil mein Handy ja keine Fotofunktion hat, musste ich jemanden bitten mich mit meiner Kamera zu fotografieren. Die konnten dann mit einem Apparat, der etwas mehr erforderte, als auf einen Auslöser zu drücken nicht umgehen, also war ich prompt unscharf und zu dunkel. Wobei ich das mit dem unscharf nur annehme, denn das Bild war viel zu dunkel, aber beim nächsten Versuch war die Belichtung zwar okay, dafür aber weder mein Schild lesbar, oder das Gesicht als meines zu erkennen. Im dritten Anlauf passte es dann, damit ich einen Beweis für die Zwillinge hatte, inklusive der Titelseite der aktuellen Aachener Zeitung.

Am schlimmsten waren gar nicht die Reden, wie ich angenommen habe, sondern die Musik. War die Zeit stehen geblieben, oder warum liefen da die Protestlieder der 60er, 70er und vielleicht noch 80er Jahre, aber nichts von heute? Gibt es keine mehr, oder hat hier der Vater von jemandem DJ gespielt? Allen ernstes „we don’t need no education“ Beschallung aus auf den Rücken geschnallten Brülltonnen, mobile Disco im Surround-Sound, ohne Fluchtmöglichkeit, wenn man Teil der Demo bleiben wollte. Unerträglich. Was das Problem auf den Punkt bringt. Früher brachte man es auf den Punk, bzw. der Punk zu uns. Es gibt keine Protestmusik mehr, das klingt alles nach dem Plattenschrank der Eltern – Verzeihung – Urgroßeltern. Wir hatten wenigstens noch… na ja, so dolle klangen unsere Punks jetzt auch wieder nicht. Das war im Grunde auch nicht anders gegrölt als Fussballfangesänge oder Karneval. Brauch man nur mal jemand fragen, der kein Deutsch versteht. Manchmal verstand man allerdings auch das Englisch der Deutschen nicht, etwa wenn Mille von Kreator seinen Silbensalat über die Lichtgeschwindigkeitsriffs bellte, aber bei „toxic trace“ war die Wut über die Vergiftung des Planeten schon im Titel und dem Video spürbar genug. Massentauglich war das aber nie. „Total confusion for the non-believers, who ignore the writings on the wall“. So traurig aktuell wie eh und je.

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