26. November 2019

Ach scheiße. Und ich hatte schon Hoffnung gehabt, dass es aufgehört hat, aber heute Nacht war es eben doch wieder so weit. Keine Blondine weit und breit, die mir zu Hilfe gekommen wäre. Was ich dringender gebraucht hätte, war ein Versteck, denn die Hunde waren wieder hinter mir her. Aber dann waren es gar keine Hunde, sondern Daniel und Nadine’s Vater. Das machte mich noch mehr fertig, als die Tatsache, dass sie mich überhaupt suchten: dass sie sich zusammengetan hatten. Ausgerechnet die beiden, von allen Menschen. Was es noch verwirrender machte, waren die Werbeunterbrechungen.
Wahrscheinlich hätte ich mir gestern vor dem Einschlafen nicht Werbeblocks aus den 80ern ansehen sollen, auf der Suche nach dieser einen Stimme. Noch schlimmer ist, dass ich die ganzen Sprüche noch automatisch weitersprechen kann. Kaum steh ich hier und singe… aber immer öfter… sie baden gerade ihre Hände… mein Großvater konnte noch Schiller’s Glocke auswendig, und heute bin ich der Großvater. Alles was ich vielleicht noch zusammen krieg sind ein paar Vornamen der Mainzelmännchen. Und die Otto-Platten kann ich natürlich noch immer mitsprechen.
Auf Rügen hatte ich doch einen imaginären Buchtitel von Johannes Mario Simmel erdacht, und sofort hatte ich das Otto Echo im Kopf: „Du kaufst mir jetzt den Simmel ab, sonst schneid ich dir… ins Ohrläppchen.“ Das können alle in den 70er Jahren Geborene bis in alle Ewigkeit auswendig, jede Wette. So wie zuvor gequälte Generationen Schiller’s Glocke – aber wir machten es ja freiwillig. Eigentlich sogar ohne, dass wir es überhaupt merkten. Das blieb im Gegensatz zu dem Klassikern auch hängen. Hätte Otto doch nur mehr Goethe und Schiller vertont, aber seine NDW-Hitparade mit „Hänsel und Gretel“ war halt einfach besser. Er hat sogar das Kunststück fertig gebracht nervige Werbemelodien zu überschreiben, nur blieben die dann halt an deren Stelle im Kopf: „Fettig Haar ist dir gegeben, lass es kleben mit Qua-a-a-ark.“

Der Traum hat mich jetzt sogar in doppelter Hinsicht noch durch den Supermarkt begleitet. Einmal habe ich versucht absichtlich nichts zu kaufen, was mir auf der Zunge lag, dabei änderte das ja nichts an meiner Einkaufsliste. Denken sie jetzt nicht an einen Eisbären! Zack, Eisbär tanzt im Spitzenröckchen auf der Stange meines Einkaufswagens. Dann kamen meine Gedanken immer wieder zu der Blondine zurück, mit der es sich genau andersherum verhielt: an die dachte ich, aber sie tauchte nicht mehr auf – und wo standen noch mal gleich die Nudeln? Ach, im Gang hinter mir, aus dem ich gerade gekommen bin.
Als ich dann zu Hause den Kühlschrank auffüllte, dämmerte mir, dass sich das alles vielleicht um Tina drehte. Schwester Tina, der ich in der bevorstehenden Tagschicht begegnen würde, wegen der ich überhaupt einkaufen war. Unsere Affäre ist jetzt wie lange her? Gute fünfzehn Jahre dürften es sein, deswegen hatte ich auch die Klinik gewechselt. Als sie dann vor zwei Jahren überraschend bei mir auf Station anfing, ging ich ihr aus dem Weg, weil es beinahe wieder genauso weh tat. Hatte ich nicht sogar ihretwegen mit den längeren Nachschichten begonnen? Möglich wär’s, aber das war nicht der alleinige Grund.

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