12. Oktober 2019 – Nachtschicht

Igitt, ich muss vom Frühstücksbrote schmieren noch Butter oder Fett von der Salami am Finger gehabt, und dann auf den Fingerabdrucksensor vom Tablet gedrückt haben. Schöne Schweinerei. Fingerabdrücke auf Bildschirmen bringen mich auf die Palme. Ich hab immer ein Mikrofasertuch dabei, mit dem ich alles abwische, und wenn in der Arbeit wer mit dem Zeigefinger auf ein Diagramm am Monitor zeigt, spannen sich in mir schon alle Muskeln an. Wehe, wenn sie ihn berühren. Darauf zeigen genügt doch. Wehe, wenn – und schon ist’s passiert. Schwester Heide ist so eine. Sie meint es ja nicht böse. Wahrscheinlich braucht sie das haptische Feedback und Klackgeräusch ihres Fingernagels, um ihren Punkt zu unterstreichen, aber mich treibt es in den Wahnsinn. Wir haben ja auch überall Apparate an denen man Knöpfe drücken muss, vielleicht ist es ihr deswegen nicht so bewusst. Und seitdem es eh alle ständig auf ihren Telefonen und Computern machen, stehe ich mit meiner Marotte ziemlich allein da.

Dass es das sogar als eigene Kategorie sogar als ASMR gibt, macht mich fertig. „Tapping“ heißt das, und da wird alles befingert, was Oberflächen hat. Auf Deutsch würde ich das mit ‘bekloppt’ übersetzen, und genau so empfinde ich das auch. Ich meine, es ist eine Sache das Geräusch von schreibender Kreide auf einer Tafel zu mögen, aber ob jemand das Kratzen von Fingernägeln darauf als vergleichsweise entspannend wahrnehmen würde, wage ich zu bezweifeln. Furchtbar! Aber wahrscheinlich gibt’s sogar dafür irgendwo eine masochistische Gruppe, die voll darauf abfährt. Wie offenbar andere auf Schmatz- und Kaugeräusche stehen, sogar die haben ihre Liebhaber. Lauter Verrückte! Und ich bin jetzt einer davon. Vor drei Monaten hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass ich ganz vernarrt in Papiergeräusche und anderes Geknister sein würde. Jetzt reagiere ich darauf wie eine Katze auf Katzenminze.

Auf dem Weg zum Bahnhof hörten ich und Doris den Feueralarm vom Gymnasium und wenig später die anrückende Feuerwehr. Klar, dass sie da unruhig wurde. Das war vor Mobiltelefonen und allem, und wir hielten uns erstmal an den Plan: zum Bahnhof, wo wir die anderen treffen sollten. Der BGS Kollege und Anton Rothe würden schon klar kommen. Wir wären beide gerne hingelaufen, und hätten damit vielleicht alles nur schlimmer gemacht oder uns deswegen am Bahnhof verpasst und so noch mehr Ängste und Sorgen ausgelöst. Also trotteten wir mit Klos im Hals weiter. So merkte ich immerhin nicht mehr, dass die beiden Koffer sauschwer waren. Doris hatte einen großen Rucksack, und ein paar Sachen, die sie im Lager bekommen hatte, und das war’s. Mehr Hausstand war nicht.

Da fällt mir ein, eben wollte ich eigentlich aufschreiben, was ich geträumt habe, aber daran kann ich mich jetzt wegen dem blöden Zwischenfall mit meinen Fettfingern nicht mehr erinnern! Nur daran, dass ich dort barfuß war. Genau wie an dem Tag, den ich gestern beschrieben habe, mit Nadine auf der Ortenburger Straße. Ich glaube, das ist kein Zufall, oder? Wieder behält er Recht, der Psychodoktor von damals. Schreiben zieht alles aus dir heraus. Nein, das ging anders. Was hat er nochmal gesagt? Ah ja: „Sitz stumm da wie ein Angler, und fange deine Gedanken auf Papier.“ Oder so ähnlich. Kann ich mir dann jetzt endlich in meinen Träumen wieder Schuhe anziehen?

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