06.05.20

Wir haben uns versöhnt. Das hat mich etwas unvorbereitet erwischt, aber vielleicht war es nur so überhaupt möglich.
„Ich habe die letzten Wochen auch viel nachgedacht, weißt du. Nicht nur über Covid-19 und alles. Dieses Gefühl weltweit in einem Boot zu sitzen … das habe ich vorher noch nie so empfunden“, gestand sie.
„Dann wurde es aber Zeit.“
„Da war im März dieses Video von einem Sudanesischen Doktor? Der hatte von den italienischen Kollegen mitbekommen, dass es ihnen an Sauerstoff-Anschlüssen mangelte, und dann in einem Video gezeigt, wie er aus seinem Stetoskop-Kabel einen für gleich zwei Atemmasken improvisiert. Da habe ich geheult, als ich das gesehen habe. Diese Hilfsbereitschaft, und das von einem … du weißt schon.“
„Schwarzen?“
Schwester Anita nickte. „Ich hab mich da für vieles geschämt was ich gedacht und wahrscheinlich sogar gesagt habe.“ Sie sah mich fragend an.
„Ab und zu“, bestätigte ich.
„Ich wünschte, ich könnte das ungeschehen machen.“
„Lass es einfach in Zukunft, das reicht.“
Sie sah mich dankbar an und lächelte selig, aber es war nunmal nicht an mir ihr ihren Rassismus zu vergeben.
„Oder die modifizierten Tauchermasken? Da haben sei einfach Anschlussstücke für gedruckt. Dieser Erfindungsreichtum, den das Virus weltweit freigesetzt hat, um Menschenleben zu retten.“ Mit solcher Begeisterung habe ich sie lange nicht sprechen hören.
Obendrein war ich ja tatsächlich stolz auf sie. Dass sie das Krankenhaus gewechselt hat und uns jetzt in Kleingruppen zeigen würde, was sie gelernt hat – das hätte ich nie und nimmer erwartet.
Also bedankte ich mich für ihren Einsatz, und da ich schon dabei war, auch für die Wahrheit, die ich nicht hören wollte.
„Wie geht es deinen Kindern jetzt mit der Pandemie und allem? Dass sie wieder zur Schule müssen?“
„Anita, bitte“, sagte ich mahnend. „Und sag nicht meine Kinder. Das mag biologisch stimmen, aber ich war immer ihr Patenonkel, und der bleibe ich. Ich liebe sie jetzt nicht anders als vorher, und dich geht das noch immer nichts an. Wie vorher.“
Damit dürfte die Sache ein für allemal geklärt sein.

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