Es fängt an mich zu nerven meine Träume gleich nach dem Aufwachen aufschreiben zu müssen, aber wenn ich es nicht tue, sind sie bis nach dem Frühstück futsch. Jetzt bröselt mir die Asche auf die Tasten, aber anders geht’s halt nicht. Asche auf mein HJKL.
Wieder begann es in der Schule, aber diesmal suchte ich kein Zimmer, sondern Lukas, von dem ich wusste, dass er in der Turnhalle war. Sonst alles wie üblich, dunkel und menschenleer. Die Turnhalle, war dann aber das Hallenbad, und Lukas stand am Beckenrand, drauf und dran rückwärts ins Becken zu springen. Ich rief: „Das ist zu tief, du kannst nicht schwimmen.“ Natürlich kann Lukas schwimmen, aber das hab ich im Traum wohl vergessen, und schlimmer noch: Lukas auch. Er antwortete: „Hier kann man noch stehen.“ Sprach’s und machte einen Satz rückwärts, und ging sofort wie ein Stein unter. Ich stürzte hin, und da war kein Wasser, sondern was zähflüssiges im Becken, man konnte den Boden nicht sehen. Außerdem schwammen dort Briefe herum, und Müll, und was weiß ich noch. Ich fischte darin herum, hielt mich mit einer Hand am glitschigen Rand fest, schrie seinen Namen und dann verlor ich selbst den Halt und ging auch darin unter. Jetzt fiel ich wie im freien Fall, da war nix mehr zäh und schwups war ich wach.
Das war nicht ganz so schlimm wie Daniel, der versucht hatte mich zu erwürgen. Obwohl ich auch hier dem Tod nah war. Hat mich Lukas nicht in eine Falle gelockt? War das überhaupt Lukas? Es spricht schon was dagegen. Sein Hochdeutsch zum Beispiel. Also war er wütend. Auch das habe ich nicht gemerkt. Gar nicht lustig.
Ich war nie gut im Witze erzählen. Oder im überhaupt irgendwas erzählen. Spontanität? Fehlanzeige. Es hat Jahre gedauert, bis ich gemerkt habe, dass es nicht an den Witzen oder Worten selber lag, sondern am Sprechen selbst. Die Worte waren ja da, formten sich zu Sätzen, nur leider oft erst lange nachdem das Ereignis, zu dem sie gepasst hätten vorbei war. Aber ich erinnerte mich daran, und diese Ungleichzeitigkeit in meinem Kopf zu überwinden fühlte sich gut an. Aussprechen konnte ich sie rückwirkend nicht mehr, aber dafür trotzdem sichtbar machen: indem ich sie aufschrieb, und so endlich los wurde.
Im Schreiben finde ich endlich die Struktur, mit der ich Zeit manipulieren und überwinden kann. Die Witze-Erzähler leben vom Moment, die Pointen sind an die Gruppe oder den Saal gebunden, in dem sie erzählt werden, sie verfeinern dann von Mal zu Mal ihr Repertoire, stimmen es auf ihr Publikum ab, spüren es. Meine Worte funktionieren anders, ich ordne sie und kann sie dann so stehen lassen. Jetzt kann ich das.