09. September 2019 – Nachtschicht

Mir ist eben auf der Schlüsselrunde wieder eingefallen, wann ich davon schon mal gehört hab! Also von diesem ASMR-Video Zeug – ich lag gestern auf dem Bett, mit dem Laptop neben mir, und döste schon ein, als plötzlich eine Stelle in dem Video kam, wo jemand mit Kreide an eine Tafel schrieb. Und da wurde ich nicht nur wieder hellwach, sondern mir fiel wieder ein, dass Lukas früher immer gesagt hat, er liebe dieses Geräusch. Wir haben nie verstanden, was er damit meinte. „Wie, mit Kreide schreiben?“

Ok, das war vielleicht doch eine Schnapsidee, auf Station zu schreiben. Schwester Anita guckte schon mißtrauisch, als ich das Tablet anstelle eines Buches ausgepackt habe. Andererseits findet sie auch so immer einen Anlass für gepflegtes Misstrauen. Sie hat dann wie nebenbei gefragt, ob das ein E-Book-Reader sei, was ich verneinte. Steht sie jetzt etwa unauffällig hinter mir? Wenn du das hier gerade mitliest, Anita, dann habe ich dich ertappt, du neugierige Spionin! Herrgott nochmal, es dreht sich nicht alles um dich, das hier ist privat und geht dich nichts an!

Ich sollte vielleicht nicht so streng sein, sie hat sich ja auch ehrlich danach erkundigt, ob ich mich besser fühle, nach überstandener Krankheit und so, da hätte ich nicht gleich so schnippisch reagieren müssen. Na prima, jetzt hab ich auch noch ein schlechtes Gewissen.

Wo war ich noch gleich? Ja, genau, Kreide.
„Na, mit Kreide auf a grod gwischte Tafel schreim.“
Daniel war sich sicher, dass er uns damit nur aufzog, uns was vormachte.
Lukas wollte es uns sogar mal vormachen, mit frischer Kreide auf einer noch vom Wischen feuchten Tafel, weil das ja angeblich enorm wichtig sei, aber doch nicht immer, und als wir fragten, ob er es denn jetzt spüre, meinte er nein, weil es jemand anderes machen müsse, damit er dieses „Gekribbel“ spüre. Er mache das doch für uns. Daniel nahm ihm die Kreide ab, schrieb an die Tafel und Lukas schüttelte den Kopf.
„Na, du mochst’s as todal foisch.“
„Wo denn?“
„Du schreibst irgandwie zu schnöi und hart, i woasas doch ah ned.“ Und damit war das Thema wieder gegessen, bis Lukas im Unterricht wieder aufhörte mit zu schreiben, und selig mit geschlossenen Augen da saß. Wir dachten eigentlich er würde nur Tagträumen, wie sonst auch. Ich muss ihm das unbedingt schicken, ob es das ist, was er damals meinte.

Ach Lukas, du warst schon wieder in etwas deiner Zeit voraus. Du hast uns nie angelogen. Also auch darüber nicht. Niemanden, jemals. Es war uns schleierhaft, wie man so wenig Talent zum Lügen haben konnte. Lukas sah man es schon an der Nasenspitze an. Die musste nicht lang werden, um ihn zu überführen, sie wurde weiß, weil ihm das Blut in die Backen schoss. Das hätte ihn eigentlich schützen müssen, aber da haben wir uns getäuscht.

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