02.02.20

Habe mir heute beim Frühstück ein ASMR Rollenspiel angeguckt. Nicht Haare schneiden, sondern diesmal Bibliothek. Ich weiß wirklich nicht, was ich will. Die Haare sind ja schon kurz, und zum Bücher ausleihen war ich auch nicht. Aber es fühlt sich angenehm an. Worauf ich nicht vorbereitet war, war der trockene Humor in dem Video. Die „dunkle Schwester“ hat da den Kanal gekapert, oder so, aber es gefiel mir schon sehr gut, bis da plötzlich jemand von links „Psst!“ machte, und sie dann nur flüsterte. Merke: Es ist einfach keine gute Idee zu essen, während man ASMR-Rollenspielvideos guckt.
Mein Hausanschluss klingelte. Na endlich!

„Wieso hat das so lange gedauert?“, legte ich direkt los, aber dann kam keine Antwort aus der Leitung, also fragte ich: „Mutter?“
„Hier ist Clara“, sagte sie zögerlich und mir platzte fast das Herz.
„Was …“, begann ich, nur um mich selbst zu unterbrechen. „Schön dich zu hören.“
„Ja“, sagte sie. „Dich auch.“
„Wie komme ich zu der Ehre? Und wieso Festnetz, mein …“
„Haben sich Mama und Papa schon bei dir gemeldet?“
„Was? Weshalb denn?“
„Na, weil ich bei Mario übernachte.“
Oh je, ich spüre schon eine Bananenschale unter meinen Füßen und setzte mich vorsichtshalber hin. „Wieso sollten sie sich deswegen Sorgen machen? Sie vertrauen dir“, sagte ich und fügte dann nach einigem Zögern hinzu: „Und ich auch.“
Glücklicherweise muss das Clara entgangen sein, denn sie fing einfach an zu erzählen. „Mario hat mir neulich einen Film gezeigt, Shoplifters heißt der. Spielt in Japan. Der geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf.“
Es tat so gut ihre Stimme zu hören, so ungezwungen, so beiläufig. Das war irgendwie noch besser als das, was sie zu sagen hatte, ich konnte mich gar nicht richtig konzentrieren. Ich wollte ihr so viel sagen, wie leid mir das alles tat, also nicht dass sie auf der Welt war, oder was weiß ich, mir fehlen selbst noch die Worte dafür.
„Na ja, und jedenfalls ist sie dann wie ein Teil der Familie, und da musste ich an dich denken und jetzt wollte ich dich eben anrufen.“
Mist, ich hatte wohl nur mit einem Ohr zugehört. „Kennst du den Film?“, wollte Clara wissen. „Nein, wieso?“, fragte ich.
„Na, weil du nichts sagst.“
„Das ist weil …“ Mir versagte die Stimme. Ich musste mich zusammenreißen und jedes Wort aus meinem Mund schubsen, wie blinde Passagiere von einem Piratenschiff. „Ich wollte … euch … also ich … ich habe es doch selber nicht gewusst.“

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