„Allerdings …“ Ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte und hoffte inständig, er würde sich gerade von aktuellen Nachrichten fern halten.
„Woast, I hob a bisserl Angst vorm Vater wern“, begann Lukas leise.
„Das ist normal. Hatte Daniel auch, und das ist gut so.“ Ich verschwieg, dass ich keine hatte, aber halt nur deshalb, weil ich es nicht wusste. „Ihr schafft das schon.“
„I moan, i wui des Kind ja a. Wannst as ned wuist, dann bist du wia der Terminator. Du muast scho glaubn, des dei Kind der John Conna wird, oder Jane Fonda, wos woas i, oder du kimmst aus der Zukunft, di du no goa ned kennst zruck, und bringst eam mit deiner Vorstellung um.“
Die Logik von Lukas war einmal mehr bestechend in ihrer Plastizität. Bei allem Witz übersah man leicht den tieferen Kern seiner Gedanken. Sein Umgang mit Sprache hatte eine ganz eigene Poesie – die mochte man vielleicht nicht singen können, aber im Herzen sofort verstehen.
„Mei Johann, wieso hast du uns alle aglogn?“ Der Themawechsel war unangenehm, aber immer noch besser als weiter über das Scheiß Virus nachdenken zu müssen.
„Aus Angst“, sagte ich. Aber das war zu wenig. „Allein in Aachen zu sitzen … den Gedanken habe ich nicht ertragen. Ich wollte nur, dass es so bleibt, wie es war.“
„Aber des issas sowieso ned blim, stimmt’s?“
„Nein.“
„Des hätt’ i dir früher a schon sogn kint.“ Lukas holte tief Luft. „Woast, i woid damals ned aus Eging weg. I woid duat bleim, mit meinen Eltern und den G’schistern, am Woid. Nur wega dera Schui muast i nach Vuishof. D’Hauptschui woa z leicht, und der Markus hod meine Eltern ogschrien, das i ans Gymnasium wechseln muas. Aber i woid ned.“
„Dann hätten wir uns nie kennengelernt.“
„Ja, ebn. Aber i hob Angst ghobd. Es hod mir an der Hauptschui gfoin. I hob an besten Freind ghobd, und am Gymnasium war i dann aloa.“
Bei mir fiel endlich der Groschen. „Du hast das alles schon einmal vorher erlebt, die ganze Scheiße!“
„Ja. Oder beinahe hoid. Weil i woa ja dann weg. Aber’d St. Georg Schui is ja nur zwei Straßn weiter. Und jed’s moi, wann mia aufm Weg zur Dreifachturnhalle dran vorbei san, da …“
„Was ist denn aus deinem Freund geworden?“
„Mei, der hod naie Freind gfundn, und i ja a, nur hoid erst a Jahr später, nachdem i sitzn bliem bin.“
„Das war nicht wegen der schlechten Noten?“
„Doch scho a, aber de warn schlecht, weil i des erste Jahr im Kopf noch immer in der andern Schui gsessn bin.“