Stationsarzt Dr. Weber erzählt uns mit einer merkwürdig anmutenden Begeisterung von Wuhan. Während sich Aachen auf den Karneval vorbereitet, bauen die Chinesen in weniger als einer Woche ein Krankenhaus mit 1000 Betten, wie schon 2003 bei Sars. Ich glaube er wünscht sich sowas ähnliches bei uns, also Neubauten, oder wenigstens Sanierungen und ausreichend Personal. Aber bei uns brennt ja nur die Pflege und keine neue Lungenkrankheit.
„Das kommt schon nicht über die Alpen“, meint Schwester Anita.
„Ja, das haben sie von Hannibal auch gesagt“, blaffe ich zurück, während Dr. Weber irritiert unser Tennismatch verfolgt.
„Das ging doch um die andere Richtung, das kann man nicht vergleichen, du machst mal wieder aus Mücken Elefanten!“
„Flugzeuge. Ich mach aus den Elefanten Flugzeuge, und aus den Mücken Skiurlauber.“
„Das ergibt doch gar keinen Sinn!“
„Ich find schon“, sage ich und stehe auf. „Ihr entschuldigt mich.“ Und weg war ich. Wegen diesem Scheiß-Virus kann ich mich nicht mal richtig über Schwester Anita empören, wie sie es verdient hätte. Trotzdem gebe ich mir Mühe, sie keines Blickes mehr zu würdigen.
Und außerdem, wenn Nadja von mir schwanger geworden sein sollte, dann doch nur weil wir danach so viel getrunken haben, also vor allem sie, dass ihr Immunsystem mich nicht hatte abwehren können? Oder war’s andersherum, und wie haben uns erst betrunken, und dann ist es passiert? So klingt es irgendwie logischer, macht aber rein gar nichts besser. Ich will das nicht denken, verdammt nochmal!
Wo bleibt eigentlich die magische Tasse? Müsste die nicht langsam geliefert werden? Mir ist, als müsste ich die nur wütend ansehen, und sie würde so heiß werden, dass sie das Motiv preisgibt. Stattdessen komme ich hier meiner ganzen Wut zum Trotz zu überhaupt keinen neuen Einsichten.
© Jens Prausnitz 2023