Anita ist irgendwie merkwürdig hibbelig. Am Tee kann’s nicht liegen, aber woran dann? Geh ich halt den Perfusor auswechseln, bin heute deutlich konzentrierter unterwegs, als sie.
Dave Grohl. Der ist das vielleicht beste Beispiel für einen Millionär, der auf dem Boden geblieben ist und was mit seiner Zeit anzufangen weiß. Lebt das Leben, das er liebt, weiß um seine Privilegien und kümmert sich. Für mich bleibt er immer Schlagzeuger, und wenn er noch so viel Gitarre spielt. Was er bei den Queens of the Stone Age zusammentrommelt ist einfach eine andere Liga. Klar, dass Lukas sich mit McCartney einen Bassisten rausgepickt hat, und Daniel könnte bestimmt ein Dutzend Gitarristen beisteuern.
Am Geld selbst liegt’s nicht. Aber es bringt den Charakter der Menschen hervor, die es besitzen. Und wenn sie sich damit unsichtbar machen, ist das nie ein gutes Zeichen. Das hat immer was mafiöses, und dann finanzieren sie am Ende irgendwelche Nazis. Sie hätten Hitler damals ja auch pleite gehen lassen können, bevor Nazi-Deutschland aufhörte seine internationalen Kredite abzubezahlen. Haben wir daraus eigentlich irgendetwas gelernt?
Daniel erzählte uns damals noch mit Begeisterung von einem Keimzeit Konzert, das sie vor einem Jahr in Magdeburg besucht hatten. Die Band sagte mir nichts, aber Nadja kannte sie noch aus einem DDR- Radiosender vor der Wende. Musikalisch sei es gar nicht so berauschend gewesen, meinte Daniel, aber allein die Atmosphäre hätte das wett gemacht. Es sei auch mehr Hinterhof gewesen, als Festivalgelände. Schon mit Bühne und so, aber familiär, obwohl vor hunderten Leuten. Der Sänger hätte vor dem Gig sogar neben ihnen im Gras gelegen, nur wusste Daniel da noch nicht, wer dieser Typ war. Nur mit einem Halm im Mundwinkel, und entspannter als wenn er welches geraucht hätte, statt nur drin zu liegen.
Das Publikum kannte dann jede Textzeile auswendig, und so heimelig war kein Konzert bei uns jemals gewesen.
„Wir waren Idioten, Johann“, seufzte er. „Mit unserem Können hätten wir uns längst auf die Bühne stellen können, es hätten aber eigene Songs sein müssen, so lange sie von Herzen kommen.“
„Des hob i doch scho immer gsogt“, warf Lukas ein.
„Woher hätten wir das damals wissen sollen? Bei uns gab es nur Coverbands die sich gegenseitig ihr Repertoire nach- oder vorspielten, je nachdem wer zuerst auf die Bühne durfte“, verteidigte ich unser damaliges Versagen.
„Gut, wir hatten Westernhagen und Grönemeyer, aber die haben nie in Passau gespielt.“
„Dafür aber die Toten Hosen.“
„Auch wieder wahr.“
„Und da Ringsgwandl a.“
Wir sahen Lukas an, dann nickten wir. Daniel seufzte. „Ich sag’s ja, wir waren einfach zu deppert.“