„Was für ein Lieblings-T-Shirt denn?“
„Dass du damals getragen hast, als ich bei dir geklopft habe?“
Ich schluckte, weil ich jetzt wusste wovon sie redete. Ich hatte ein Lieblingshemd, das ich später Daniel mitgab, aber zum Schlafen trug ich einfach nur alte Bandshirts. Das fragliche war von Rush, mit dem Pentagram drauf. Ich hatte es danach angebetet, weil Nadja es vollgeheult hatte, als sie noch Nadine war.
Sie fuhr fort. „Jedenfalls hat sie es irgendwann aus Versehen gewaschen.“
„Das weiß ich doch alles“, sagte ich.
„Ja, nur war es kein Versehen. Du hast es versteckt und gehütet, wie das Leichentuch von Turin. Es …“ Sie schluckte. „Es roch nach mir und an der linken Schulter, da klebte …“
„Ich weiß“, unterbrach ich sie. „Hab’s danach nie wieder angehabt. Also nach der Wäsche.“
„Deine Mutter hat gesehen wie du leidest und wollte dir helfen. Sie hat gesehen, wie du mich schon damals fetischisiert hast, und dass dir das nicht gut tat. Sie dachte, du würdest mich vielleicht leichter vergessen, oder wenigstens über mich hinweg kommen, wenn … diese Verbindung gekappt wäre.“
Ach Mama, dachte ich. Wenn es doch nur so einfach gewesen wäre.
„Jedenfalls konnte sie das nicht länger mit ansehen, wie du leidest. Ansprechen konnte sie dich auch nicht darauf. Du hättest damit von selbst zu ihr kommen müssen. Das hat auch ihr das Herz gebrochen. Sie wollte nur, dass du glücklich bist.“
„Jetzt bin ich glücklich“, sagte ich. Es war wert darauf zu warten. Aber woher hätte ich das damals wissen sollen?
„Du hast mich also tatsächlich zur Kosmonautin gemacht, ja?“, fragte Nadja.
„Nicht dich, sondern Nadine. Und du hast beim Start schon wieder die Hochsprungmatte verbrannt, aber diesmal rückstandslos.“
Eigentlich war Valentin der einzige Passagier in der Rakete meines Traums, aber ich beschliesse jetzt einfach, dass meine Nadine ihn auf seiner Reise begleitet. Die Rakete müsste inzwischen unser Sonnensystem verlassen haben, den Voyager-Sonden auf der Spur. Im Cockpit laufen die Blues-Tape vom Doc in Endlosschleife, zu deren Klängen sind die beiden für uns da draußen unterwegs um Hilfe zu holen, in der Hoffnung, das wir uns noch so lange alleine über Wasser halten werden, oder eher versehentlich als mit Absicht den Planet wieder ins Gleichgewicht bringen.
© Jens Prausnitz 2023