27.05.20

Kurz bereut das Telefon wieder eingesteckt zu haben, weil mich Lukas wachgeklingelt hat – Mitten in der Nacht. Ich wollte schon fragen, ob alles in Ordnung ist, als ich eine kräftige Stimme in den Hörer röhren hörte.
„Sie is do! Mein und sie is so schee!“ So viel Rührung in Lukas’ Stimme setzte meine Augen unter Wasser.
„Wie geht’s Sandra?“
„Di woid nimma mit mir redn, hoid se aber ned dro. Dazu schimpft’s mi zu gern. Des war mehr wega derra Schmerzn’a, des mi zum Teifi gwinscht hod, aber kaum des se d’Marion im Arm ghoidn hod, war’s um sie gschehn.“
„Marion? Hatte das Ultraschall nicht einen Jungen vorhergesagt?“ Ich unterdrückte ein Gähnen, das mit Verspätung in meinem Gesicht eintraf.
„Na, mia woitn des ned wissn.“
„Dann bring ich da was durcheinander“, sagte ich. „Schöner Name.“
„Wega dera stammen Wadln – de spuid bestimmt amoi Fussball.“ Im Hintergrund regte sich Protest, wenn ich mich nicht irre, und Lukas hielt wohl eine Hand über das Telefon. „Na, ned linke Außenverteidigerin, im Sturm!“, hörte ich ihn sagen.
„Mein, mia san uns no ned über’s Position einig“, sagte Lukas wieder in den Hörer. „Dreitausendfünfhundert Gramm plus minus a Pfot’n vo der Katz, weil die der Hebamm ned üban Weg traut. Aba des beruht auf Gegenseitigkeit, ko i dir sogn.“
„Habt ihr die nicht eingesperrt?“
„Doch, was glaubst denn du? Aba die hoast ned umasonst so wias hoast.“
„Und wenn sie doch einen Zwilling hat?“
„Mei, du und dei Zwilling, oder beschränkte Katzn.“
„Verschränkte Katzen“, korrigierte ich. „Die andere könnte ganz woanders auf der Welt sitzen.“
„Was sois davon ham?“
„Vermutlich einen weiteren Schlafplatz?“, mutmaßte ich. „Wenn irgendwer einen Weg in ein Paralleluniversum findet, dann eine Katze. Dazu muss es nur klein genug sein, am besten noch einen zu kleinen Schachtel ähneln, und der Rest ergibt sich von alleine.“
Mei, i hob dir ned zuaghead – se san so schee, meine Mädels. Du, i muaß Schluß macha und an Daniel anruafa.“
„Mach das“, sagte ich mit einer diebischen Freude. Lukas hatte mich zuerst angerufen. Das erfüllte mich mit einer Genugtuung, was es gar nicht sollte, aber ich konnte es mir nicht verkneifen.
Das waren doch gute „Nachtrichten“, in mehrerer Hinsicht: das Kind war gesund auf die Welt gekommen, der Pandemie zum Trotz, und ich konnte mir beim Texten bestimmt etwas mehr Zeit lassen, weil Lukas anderweitig beschäftigt war.

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