„Warum hat jetzt eigentlich der Rabbi sein Gesicht in den Händen verborgen?“, fragte ich mit ziemlicher Verspätung, die die Deutsche Bahn noch nicht einmal vor Scham erröten lassen würde.
„Weil mich meine Gemeinde am Gesicht erkennt“, antwortete Walentyna.
„Meinst du, sie haben Fotos von uns gemacht?“
„Die Kinder werden es probiert haben, jede Wette“, sagte sie. „Können wir bitte noch etwas Schweigen?“, bat Walentyna. „Lass uns noch ein bisschen die Sonne genießen, und die Luft auf unserer Haut …“
Ich hatte keine Einwände und küsste ihren Nacken.
Nachdem wir unsere Klamotten von Ameisen und anderem Getier befreit, und sie in der Sonne wieder getrocknet hatten, machten wir uns auf den Rückweg.
„Ich bin so froh, dass wir beim Sex nicht klingen wie Tennisspieler“, sagte ich erleichtert.
„Forty – Love? Kommt doch hin, oder?“
„Nein, ich meinte so rein akustisch. Wegen dem Gestöhne?“ Walentyna lachte herzlich, und mir ging das Herz auf.
Nach einer Dusche bei ihr, einer Ehrenrunde im Schlafzimmer und einem Nachspiel in der Küche, schlüpfte ich wieder in meine dreckigen Klamotten und machte mich auf den Heimweg. Ich trug die fleckigen und knittrigen Sachen wie eine Galauniform, und niemand, dem ich begegnete, hegte daran auch nur den geringsten Zweifel. Was auch an meinem frivolen Grinsen gelegen haben könnte, das noch immer dafür ausreichte, das Kindern vorsichtshalber die Augen zugehalten wurden.
© Jens Prausnitz 2023