23.05.20

„Und manchmal ist es ja eine Kombination aus mehreren, nicht eine allein. Eine für alle, alle für einen“, ergänzt Clara.
Wir schwiegen alle.
„Und jetzt?“, fragt Dennis. „Erstmal ne Zigarette“, seufze ich. „Smörre!“, rufen beide im Chor.

So gerne hätte ich ihnen erzählt, wie wir damals Unterschriften gesammelt haben, aber dann wäre das Gespräch anders verlaufen. Es hätte sich um die nächste aufgedeckte Lüge gedreht, und nicht mehr um die Sache. Wie so oft muss man Informationen weglassen, damit einem zugehört wird, und die Geschichte überhaupt erst überzeugend wird.

Bin eingenickt. Die Frühschicht und mein Biorhythmus werden keine Freunde mehr. Ich war barfuß auf stellenweise feuchtem Beton, wie noch immer von der Sonne aufgeheizt nach einem kurzen Regenschauer und es roch nach Chlor, Kinderlachen lag in der Luft. Wo hab ich das …
Freibad! Der Sprungturm im Freibad! Dort habe ich dieses Grün gesehen. Das Grün in all seinen Schattierungen am anderen Vilsufer, vom Fünfer aus gesehen: das war mein Bild vom Himmel. Das Becken lag dann zwar in meinem Rücken, aber dort wiegte sich das Grün geschmeidig hin und her, und mir war, als käme das Kinderlachen eigentlich von dort. In diesen Frieden, in diese saftige Farbe wollte ich eintauchen, von ihr umgeben sein, sanft geschaukelt werden, hoch oben sicher in einer Astgabel liegend. Weiche Rinde unter den Füßen, nicht die von der Sonne aufgeheizten Steinfliesen, die mit nackten Füßen kaum auszuhalten waren, auf dem Weg zu den Pommes wie eine menschliche Wespe, während Echos von zu klackernden Tischtennisbällen von den Hallenbadscheiben reflektiert wurden. Ob es dort noch immer die orangenen Umkleidekabinen gab?

Hab’ Sehnsucht nach dem Grün von 1985.
Zeit das Cover für Walentyna’s Kassette zu basteln. Einen Klebestift habe ich mir schon aus der Klinik mitgebracht, weil der in der Schublade noch trockener war als vergessener Tabak. Für die Trackliste habe ich Pergamentpapier besorgt, damit man es sich extra-lang ausfalten lässt, aber noch locker mit dem Tape drin zubekommt. Ich lasse es laufen, schneide aus, pause durch, messe ab, klebe zusammen und fühl mich echt wieder wie mit 16.

© Jens Prausnitz 2023

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