Viel schlimmer finde ich, dass das so diffus ist, dass da für jeden was dabei ist. Hygiene, Impfung, tiefer Staat, Rechte, ein Selbstbedienungsladen an Verschwörungstheorien. Ein bisschen hiervor, ein bisschen davon, und man ist nicht mehr so allein. Was sie eint ist das nicht verzichten wollen, so weiterleben wollen, wie zuvor. Urlaubsreisen, Billigflieger, Konsum, keinen Abstand halten wollen oder vorbeugend Masken tragen, wie es die Asiaten seit Jahren beherrschen und toll vormachen. Die wären doch selber schuld! Zack, schon ist auch Rassismus Teil des Selbstbedienungsladens. Aber das sind doch gar keine Schwarzen, wie kann das Rassismus sein? Ja, klar. Nix begriffen, und die Kameras halten lustig drauf, weiden sich an der Dummheit der Leute, anstatt sie vor sich selbst in Schutz zu nehmen. Wieso sind Dorftrottel so faszinierend? Verständnis kann man ja für sie aufbringen, aber doch nicht auf die Titelseiten drucken. Sonst kommen nur wieder Politiker auf die Idee sie ernst nehmen zu wollen, weil es ja Wähler sein könnten. Klar. Jemand der an Chemtrails glaubt, der wird dich wählen, du Horst.
Dieses Einende der Lauten ist etwas, was mir Sorgen macht. Die sich gegenseitig befeuernde Lautstärke, weil die Dorftrottel nicht mehr isoliert in ihren Dörfern hocken, sondern einander jetzt hören können. Digital. An sich ist ja auch das nicht ungewöhnlich, oder schlimm. Schlimm wird es erst dadurch, dass jetzt welche daneben stehen, zuhören, und anstatt zu lachen oder den Kopf zu schütteln, jetzt die Stirn grüblerisch in Falten legen und sich sagen: „Ok, jetzt wo schon zwei das Gleiche sagen, dann ist da ja vielleicht doch was dran …“ Dabei bleibt Idiot immer Idiot, die Dorftrottel ebenso wie die Stadtbekloppten.
So ähnlich sind ja auch moderne Mythen bei einigen hängen geblieben, so idiotisch und absurd sie auch sein mögen wie … dass man vom Joghurt von der Aludeckel-lnnenseite lecken Krebs bekommen würde. Das hat wer geglaubt? Ja, nur hatten die kein Internet, um es in die Welt zu posaunen. Das blieb damals im Dorf. Und Dorftrottel gab es überall. Dass man die nicht überzeugen konnte, wussten alle, also spielte man deren Welt mit, aber heute? Heute ist die Welt ein Dorf. Manchmal begegnet mir das sogar heute noch, bei Frühschicht fast einmal pro Woche von einer aufgeklärten Mutter. Wobei man bei denen ja weiß, wie gut deren Verhütungsmethoden funktioniert haben, egal worauf sie gesetzt haben.
Wenn es wenigstens spannendere Mythen wären! Andere Zeiten hatten Drachen! Seeungeheuer! Und wir? Joghurtdeckel. Die immer noch einreißen, egal wie vorsichtig man seine Kraft auch einsetzt. Verpackung können wir nicht, aber Sonden zum Mars schicken.
Ein Sammelbecken aller Unzufriedenen, Verschwörungserzählungen jeglicher Couleur miteinander gemischt. Das erinnert mich an das Wasserglas, in dem man seine Pinsel ausgewaschen hat, das am Ende immer eine braune Soße war. „Hello Adolf my old fiend.“
„Wenn man Hitler nur weiter schlechte Bilder hätte malen lassen, wozu dann noch eine Karriere in der Politik anstreben? Er hätte ein Bob Ross des frühen 20. Jahrhunderts sein können“, brabbelte ich vor mich hin. „Jetzt malen wöhr einen Baum näbän dän nächsten, bis da ein aufröchter, doitscher Forrrst entstäht, in Reih’ und Glied!“
Gut, vielleicht war das nicht gerade die beste Idee.