„Ist nicht so wichtig. Aber du warst darüber. Ich weiß von Lukas, das dort jetzt eine Kantine oder was in der Art ist, wo früher nur eine Überdachung zur Turnhalle verlief. Jetzt war sie ein Versorgungsarm für die Rakete. Du winktest zu mir herunter und machtest das Victory-Zeichen, und dann hast du nach oben gezeigt. Da wusste ich, wen du unterwegs abholen würdest.“
„Ach Johann …“
„Ich bin noch nicht fertig“, sagte ich und räusperte mich. „Dann stand ich dir gegenüber und wir haben einander umarmt. Du bist dann in deinem Raumanzug weiter zur Rakete gegangen, und ich sah nach draußen, dorthin, wo ich einen Moment zuvor noch gestanden hatte. Da waren wir alle und warteten auf den Start: Daniel, Lukas, unsere Kinder, Mutter … und alle hielten etwas in Händen, aber es war zu dunkel. Ich trug selber etwas in der Hand. Eine kleine Gartenschaufel. Dann stand ich mit ihnen unten und sah sich drehende Lichter oben aus der Turnhalle kommen, wie bei einer Schuldisco. Die konnte sich ja in mehr verwandeln, eine Theaterbühne zum Beispiel, und da waren für die Reckstangen im Boden eingelassene Rohre – und eben auch eins für die Rakete, die wir nie gesehen haben!
Der Versorgungsarm schwenkte zur Seite und klappte an den A-Bau an, der Countdown aus dem ehemaligen Sprachlabor, wo jetzt das Kontrollzentrum einquartiert war lief, das Triebwerk zündete und Dampf quoll wie aus einer gigantischen Nebelmaschine aus dem Dach und durch alle Ritzen. Ich wusste, dass dort unsere Schweißgetränkten Turnmatten auslagen, die aus irgendeinem Grund feuerfest waren und uns jetzt vor dem Verbrennen schützten. Die Turnhalle hielt dem Start aber nicht stand und glich einem Trümmerfeld, als sich der Dunst verzogen hatte, auch die neue Hochsprungmatte brannte natürlich wieder, nur diesmal ohne gelöscht zu werden. Ich stand glücklich dort, mein Blick folgte dem leuchtenden Feuer an der Spitze der Rauchsäule, gerade als sich eine Raketenstufe löste – die war jetzt aber rechteckig, wie unsere Turnkästen und verglühte wie eine Sternschnuppe in der Atmosphäre, also wünschte ich mir etwas.“
„Das klingt wunderschön Johann“, sagte Nadja gerührt.
„Das war noch nicht alles. Denn als ich mich blinzelnd umsah, da pflanzten wir etwas ein, was in der Nacht so bunt leuchtete wie Frühlingsblumen, sich beim Näherkommen aber auch als Unkraut und Bäume entpuppten. Hier entstand ein Wald oder ein Moor, und die Schule überwucherte wie in alten Science Fiction Filmen, und alles war gut. Dann bin ich aufgewacht. Mein Gesicht nass von Tränen. So glücklich bin ich noch nie gewesen.“
Nadja wartete einen Augenblick ab, ob noch etwas kam, dann sagte sie leise: „Danke, dass du mir das erzählt hast.“ Wir schnieften gemeinsam in die Nacht. „Wir sind Sternenstaub, Johann.“