„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll …“
„Danke?“, schlug Anita vor, aber ich sprang auf und umarmte sie.
„Aber da ist noch was …“ Ich rückte von ihr ab, hielt mich aber vorsichtshalber noch an ihren Schultern fest. „Sie hat wieder geheiratet. Einen Kommunalbeamten vom Standesamt. Wahrscheinlich sind sie über den Weg gelaufen, als sie beim Einwohnermeldeamt …“
„Komm bitte zur Sache“, sagte ich.
„Jedenfalls heißt sie jetzt Brant, mit einfachem ‚t‘. Sie haben Kinder bekommen. Zwei. Und einen ersten Enkel. Über eine Variante des Enkeltricks könnten wir ihr den Gewinn eines Preisausschreibens unterjubeln, bei der sie ein Wanderwochenende in Thüringen gewonnen hat. Das müsste aber für mindestens zwei Personen sein. Meine Nichte meint aber es wäre besser gleich für mehrere. Willst du einen ersten Entwurf sehen?“
Wie bequem ist es bitte, wenn man gar nichts mehr selber machen muss? Oder wenn es einem gleich auf dem Silbertablett serviert wird, wie mir von Schwester Anita.
„Was schulde ich dir … und deiner Nichte?“
„Oh, nichts“, sagte sie und winkte ab. „Das haben wir uns schon selber von deinem Konto abgebucht.“ Dann fügte sie sehr schnell hinzu. „Das war ein Scherz!“
Deswegen war ich gar nicht blaß geworden. Sondern weil mir bisher gar nicht die Möglichkeit in den Sinn gekommen war, dass Daniel Halbgeschwister haben könnte, geschweige denn Nichten und Neffen. Was mache ich denn jetzt?
© Jens Prausnitz 2023