21.06.20

„Da kamen wir aber gar nicht so leicht voran, wie wir dachten“, führte Anita weiter aus und schenkte mir ein Glas Wasser ein. „Weil natürlich haben die zwar inzwischen auch alles digital vorliegen, aber nicht die Daten von 1971 – oder 72. Das war also in der Hinsicht eine Sackgasse. Was uns gefehlt hat, war ein zweiter Datensatz.“
„Ihr habt noch etwas gehackt?“, wollte ich wissen und verschüttete etwas Wasser beim Versuch es zu trinken.
„Nein, wo denkst du hin? Diesmal hat uns schon ein bisschen Open Data und APIs weitergeholfen.“ Anita sah meinen Gesichtsausdruck und entschied sich schneller zum Ende zu kommen. „Jedenfalls kamen wir über Daniel’s Einschulung auf den richtigen Stadtteil, und damit konnte ich eingrenzen, bei welcher evangelischen Gemeinde ich anrufen musste.“
„Wie, einfach so angerufen?“ Ich schluckte Luft.
„Du weißt schon, mit einem Telefon?“, sagte sie ein wenig beleidigt. „Nein, ich meine als wen hast du dich ausgegeben?“
„Ach so, doch nicht als ich selber.“ Sie lächelte breit. „Sondern als ihre Nachbarin Annette aus Vilshofen. Ihre Kuchenform sei im Gemeindehaus wieder aufgetaucht, und das sei damals ein Hochzeitsgeschenk gewesen.“
„Das hat funktioniert?“, fragte ich ungläubig. „Was hat das denn mit der Taufe zu tun?“
„Hat mich auch überrascht, aber ja. Der ging nachsehen, ich hing ungelogen eine Viertelstunde in der Leitung, während der ein Kirchenlied trällerte, und dann rückte er mit ihrem Mädchennamen raus: Maus. Gabriele Speck, geborene Mäuser.“
„Nicht dein ernst.“
„Doch.“
„Moment … hat der alte Speck nicht einen doofen Spruch gehabt?“ „Ja, aber wer konnte das denn ahnen?“, sagte Anita.
„Wie heißt eigentlich der al…“
„Franz. Franz Speck. Das wollte ich auch endlich wissen.“ Sie erschrak. „Tut mir leid, ich …“
„Schon gut.“ Ich sah sie so bewundernd wie erschrocken an. „Ich glaube langsam, dein Job wird deinen Talenten nicht ansatzweise gerecht.“
„Welcher Frau sagst du das?“, fragte sie zurück. „Wir haben aber auch ein bisschen Glück gehabt. Weil sie ist vor ein paar Jahren wieder von München weggezogen, keine Ahnung warum. Wir glaubten schon ihre Spur wieder verloren zu haben. Aber zum Glück hat sie auch dort wieder regen Anteil am Gemeindeleben genommen, dass wir sie dann schnell wiedergefunden haben.“ Sie war sichtlich stolz auf sich. „Gemeindebrief.“

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