21.05.20

„Seine Frau.“
„Oder er ist gerade im Ausland.“
„Daran hab ich noch gar nicht gedacht.“ Daniel war total niedergeschlagen.
„Vielleicht machen das ja die Doppelgänger?“
„Stimmt. Wenn die nicht zu Hause sind, ist es automatisch der, der übrig bleibt.“ „Logo.“
Am Dienstag hatte sich aber keiner von uns getraut dort anzurufen, und als wir so am Mittwoch auf dem Pausenhof standen, zeichnete sich ab, dass es so wohl nichts werden würde. Nur Lukas freute sich, denn er überredete uns noch etwas mit zu schicken, ich glaube eine Kassette war’s. Am Donnerstag meinte Daniel dann stolz, dass er alles erfolgreich abgeschickt hätte.
„Ja aber wohin?“
„An Helmut Kohl, Bundeskanzleramt. Bonn.“
„Und weiter?“
„Nichts weiter. Das kommt schon an.“
„Spinnst du? Das ist doch nicht der Weihnachtsmann! Den gibt es nicht, das sind deine Eltern.“
„Und ich weiß wo die wohnen“, sagte Daniel triumphierend. „Die Postboten in Bonn werden alle wissen, wo der wohnt.“
„Und was wenn es einer der Doppelgänger bekommt?“
„Dann weiß der doch auch, wer eigentlich gemeint ist. Das klappt schon, wirst schon sehen!“
„Hast du wenigstens vorher Kopien gemacht?“, wollte ich wissen. „Wovon?“, fragte er verdattert.
„Na den Unterschriften!“
Daniel wurde bleich.
„Na prima.“
„Die würden doch nie … nein, das glaube ich nicht.“
„Das werden wir ja sehen.“
Taten wir tatsächlich. Zunächst nicht, obwohl wir in den Abendnachrichten darauf achteten, ob unsere Unterschriftensammlung erwähnt würde. Wurde sie nicht. Bestimmt war der Brief noch nicht angekommen. Aber in der zweiten Woche musste er eingetroffen sein, also sahen wir noch aufmerksamer hin, lasen im Gesicht von Kohl, ob sich da irgendwo Sorgenfalten zeigten, ob es eine sichtbare Veränderung gab, eine Ankündigung, irgendwas. Da kam nichts, und da war nichts. Nach einer Ewigkeit, als wir die Hoffnung längst aufgegeben hatten, bekamen wir Antwort. Aus dem – Trommelwirbel: Bundeskanzleramt. Da staunten wir, und Daniel’s Eltern noch mehr. Nicht so sehr, wie wir, und aus dem anfänglichen Stolz wurde schnell Sorge, ob man sich nicht lächerlich gemacht habe, mit der Aktion.

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