20.06.20

Noch müssen wir niemanden in unseren Kellern verstecken, aber die Politik lässt uns mit unserem Engagement allein, oder dreht ihm sogar aktuell den Geldhahn zu. Und schubst Kommunalpolitiker vor den Bus. Das ist wirklich nicht mehr zu ertragen. Aber: Wir schaffen das. Weil … wer denn sonst?

„Was bist du denn so miesepetrig drauf?“, wollte Dr. Heßler wissen, als ich auf der Schlüsselrunde an der Notaufnahme vorbeischlurfte, wo er sich mit einer Pinzette einen Holzsplitter aus der Hand zog.
„Ach, das übliche“, sagte ich ausweichend. „Wo hast du den denn her?“
„Von dem Balken, den manche Eltern vor Augen haben.“ „Querdenker?“
Er schnitt eine Grimasse. „Indirekt schon.“ Meinem fragenden Gesichtsausdruck entnahm er, dass ich dann doch etwas mehr Erklärungsbedarf hatte. Heßler seufzte. „Mir hat eine Mutter so ein Anti-Impfbuch mitgebracht, damit ich mich ‚fortbilden‘ könne, und ich habe da vorhin mal reingeblättert und dann nach dem ersten Satz in die Ecke gepfeffert.“
„Du … du hast mit einem Buch geworfen?“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich bin aber kein guter Werfer. Statt dem Mülleimer habe ich die Stehlampe getroffen, und deren metallener Lampenschirm hat ein Stück Holz aus der Tischkante geschlagen. Beim Versuch sie aufzufangen habe ich mir den Splitter eingezogen.“ Er hielt die Pinzette mit dem Beweisstück hoch.
„So impulsiv kenne ich dich gar nicht.“
„Ich mich auch nicht, und es gefällt mir nicht.“
„Wenn das Buch nicht deinen Geschmack getroffen hat, welche drei würdest du denn mit auf die einsame Insel nehmen?“, wollte ich von ihm wissen.
„Keins“, antwortete er.
„Wie, keins?“
„Na, weil die Frage schon falsch ist.“ Heßler tippte sich mit dem Zeigefinger seitlich an den Kopf. „Wer sagt denn überhaupt, dass man Bücher dahin mitnehmen müsse?“
„Na gut“, sagte ich und hätte ihm jetzt selber gerne ein Buch an den Kopf geworfen. „Dann eben welche drei Platten?“
Er schüttelte den Kopf und desinfizierte sich die kleine Wunde. „Immer noch falsch. Welche Kulturformen fallen dir noch ein?“
„Welchen …“, ich schluckte. „Film würdest du mit auf …“
Heßler winkte ab. „Frag dich bitte einmal selbst, auf welche Kulturform du am ehesten verzichten könntest. Also wenn du das überhaupt könntest. Man kann ja nicht ungeschehen machen, womit man Kontakt hatte.“

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