19.07.20

„Mei, wo bleibt der denn bloß …“, quengelte Lukas, aber dann brachen die Münchner auf und kurz darauf die anderen. Sie nahmen Doris mit, weil ohne Dennis und die Gitarre genug Platz war um sie zum Bahnhof zu bringen. Kaum waren sie weg, standen wir stumm auf dem Platz herum.
„Sag mal, hattest du gestern nicht irgendwie mehr Ringe an den Fingern?“, fragte ich Lukas beiläufig.
„I? Na. Wieso? Ah so, ‘d Ringe moanst, hob i nach’m duschn vergessen wieder an’d Hand z macha“, sagte er verlegen.
Kein Zweifel, er log mich an. Mich! Ich wusste, dass er früher manchmal sogar in seinen Klamotten geduscht hatte, wenn die dreckiger waren als er selbst. Aber ich konnte ihm jetzt schlecht vor Dennis deswegen eine Szene machen. Stattdessen verständigten wir uns auf ein Geburtstagsgeschenk für Daniel Ende August. Wir würden die Demotracks für ein Album fertig stellen, auch für diejenigen, die sie gar nicht hatten proben können, um sie dann gemeinsam aufzunehmen, wenn Corona vorbei ist.
Während wir worauf auch immer warteten, gestand Dennis, dass er sich große Sorgen wegen der Schwangerschaft seiner Schwester machte. Also grundsätzlich, was mich an ähnliche Gespräche mit Daniel erinnerte, als wir in seinem Alter waren. Nur dass Dennis jetzt meine Rolle einnahm, und ich die von Daniel.
„Kinder sind immer Hoffnung“, sagte ich. „Als ich so alt war wie du, habe ich mir gesagt, dass ich keine Kinder in diese kaputte Welt setzen möchte. Und jetzt schau uns an.“ Ich legte ihm den Arm um die Schulter und drückte ihn kurz an mich. „Dabei kennen die Kinder, die auf die Welt kommen, nur diese eine. Was für uns eine Katastrophe darstellt, ist für sie normal. Hunger, Dürre, Krankheit. Es gibt immer Raum für Glück. Vergiss das nie.“
„Sie ist doch meine große Schwester“, sagte er mit einem Lächeln. „Ich habe ihr doch den Vortritt gelassen. Weißt du eigentlich, was ihre angeblich ersten Worte zu mir waren, die sie mir noch in den Bauch zurief?“
„Nein.“
„Die Luft ist rein“, sagte Dennis und wir lachten alle.
Ein Knattern wurde langsam lauter. Wie von einem VW-Bus. Und tatsächlich: da kam einer auf den Hof geknattert, bretterte auf uns zu, alle bis auf Lukas sprangen instinktiv zur Seite, der unbeeindruckt stehen blieb. Einen Meter vor ihm kam der Bus abrupt zum Stehen und uns stockte der Atem.
„Na der ko eps erlem“, rief Sandra und drückte mir ihre Tochter in die Arme.
„Du kummst sauber z’ spät!“, rief derweil Lukas seinem Bruder zu, der ihn breit angrinste. „Bin i a Date, des ned rechtzeitig im Bad fertig gworn is, oder wos?“ Und an Sandra gerichtet. „Serwas Schwägerin. I hob ghead, dass du a Mitfohrgelegenheit suachst, weilst in derra Streichholzschachtl ned zruckfahrn wuist.“
Ich machte einen Schritt auf den Neuankömmling zu. „Markus?“
„Ja freili, wer denn sunst?“
„Lukas, warum hast du nicht gesagt? Daniel hätte noch gewartet, das …“
„Des war so scho ois zu fui fia a Wochenend, findst ned?“, meinte Lukas. „Irgendwann is a amoi guat.“

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