„Ist wohl wirklich so: Es verlässt einen nie, wenn man sich nicht irgendwann damit konfrontiert.“
„Du willst doch nur von mir hören, dass du alles richtig gemacht hast, oder?“, fragte Anita.
Ich legte den Kopf zur Seite und zuckte mit den Schultern. „Willst du jetzt eigentlich wissen, wie es ausgegangen ist, oder nicht?“
Als wir alle ausgecheckt hatten und auf dem Parkplatz herum standen, musste jemand die Frage stellen, an die ich überhaupt nicht gedacht hatte, und es war Mario, der es aussprach: „Wie soll es denn jetzt weiter gehen?“
„Wie könnten unsere Adressen austauschen, wenn alle damit einverstanden sind?“, sagte ich.
„Schick sie uns doch einfach zu“, meinte Daniel.
„Nein, er hat ja recht“, sagte Nadja. „Wenn wir es selber tun, dann ist das wie eine Verpflichtung uns auch wirklich zu melden.“ Dabei sah sie ihre Mutter an, und auch wenn ich nicht weiß, ob es so ist, aber ich glaube die beiden hatten einander bereits verziehen.
Daniel versuchte daran anzuschließen, und reichte Connie einen Zettel mit ihren Kontaktdaten. „Bis zu diesem Wochenende ist mir nicht einmal in den Sinn gekommen, dass ich eine Schwester haben könnte …“
In dem Moment verfing sich ein Stein in einem Rad des Rollkoffers meiner Mutter und sie wäre beinahe gestürzt, wenn ich sie nicht aufgefangen hätte. „Da habe ich ja nochmal Glück gehabt“, sagte sie.
„Ich auch“, meinte Connie und reichte Daniel ihrerseits einen Werbeprospekt einer Sommerrodelbahn, auf den sie ihre Adresse geschrieben hatte. Sie umarmten einander.
Dann war Nadja an der Reihe und hielt ihr die Hand hin, weil sie nicht wusste, ob mehr schon angemessen war. Connie war nicht davon begeistert, als sie den Ring an Nadja’s Finger entdeckte. „Das ist nicht fair!“, sagte sie an ihre Mutter gerichtet. „Den hätte ich kriegen sollen!“
„Seit wann das denn?“, fragte Frau Brant. „Er hat dir doch nie gefallen. Und sei mir nicht böse, aber gepasst hätte er dir auch nicht.“
„Darum, weil ich noch da bin“, sagte Connie und zu Daniel: „Ich war länger zu Hause, als du. Die ganzen Krankheitsgeschichten hatte ich am Hals, während du … während du dir die Sonne auf den Bauch hast scheinen lassen.“
„Welche Krankheitsgeschichten denn …“, fragte Daniel, aber sie registrierte den Einwurf in ihrer Wut nicht einmal und drehte ihnen den Rücken zu. An seine Mutter gerichtet sagte er: „Das erzählst du mir am Telefon, ja? Ich rufe dich diese Woche an.“
Danach ging er in die Hocke und wandte sich an Franz. „Du darfst meine Telecaster behalten, das habe ich dir ja schon gesagt. Weißt du, worauf ich gestern gespielt habe?“
Sein Neffe schüttelte den Kopf.