Der falsche Glaube hat uns damals im katholischen Bayern doch auch nicht interessiert. Viele der DDRler ja waren Atheisten, oder beinahe genauso schlimm: Protestanten. Davon konnten ich und Daniel doch selbst ein Liedchen singen. Das Problem ist nur, auch unter den syrischen Kriegsflüchtlingen gab es Christen, die sich nur ungern wegen ihres Glaubens vom IS köpfen lassen wollten. Wurde da etwa differenziert? Oder ging es am Ende gar nicht um deren Glauben?
Zugehört wurde trotzdem wieder den Falschen, anstatt wenigstens jenen, die tatsächlich mit den Flüchtlingen zu tun hatten. Denen hat niemand das Mikrofon hingehalten, gefragt, wie es ist anderen zu helfen, was das mit einem macht, und was das für welche sind. Das hätte Ängste abbauen und Mythen widerlegen können. Denn da flüchteten Kinder, Mütter und Väter, keine Monster. Die Monster sind doch bei uns, die auf sie schießen und Unterkünfte anzünden.
Wären es doch nur wieder Weiße gewesen, die unsere Sprache sprechen. Wobei ich mich an einige Sachsen erinnere, von denen ich kein Wort verstanden habe, aber selbst das spielt doch in Wahrheit keine Rolle. Sogar oder gerade mit Hochdeutsch kannst du dir überall in Deutschland fremd vorkommen. Außer vielleicht in Hannover. Aber da will ja keiner hin.
Dazu braucht es schon so etwas wie ein Erdbeben, das diese antrainierte, rassistische Fundamente lockert. Uwe hatte uns damals von einem Einsatz Anfang der 80er Jahre in … Marokko – oder war’s Algerien? – jedenfalls Nordafrika erzählt. Gemeinsam mit Einheimischen und dem Roten Halbmondhaben sie da zwei Waisenhäuser aufgebaut. „Das Umfeld mag die Menschen anders geprägt haben, aber wir können uns nicht aussuchen, wo wir geboren werden. Unterm Strich sind unsere biologischen Bedürfnisse in Not identisch, daran ändert auch die Hautfarbe nichts.“ So oder so ähnlich hat er es damals formuliert. Ist lange her, aber heute so richtig wie damals. Es spielt keine Rolle ob man Zelte in Bayern oder Afrika aufschlägt, die Bedürfnisse der Menschen sind überall gleich, nur die Begleiterscheinungen nicht. Nerven tut immer irgendwas, dort vielleicht – was weiß ich – Heuschrecken? Bei uns waren es Journalisten, und ich glaube wenn Uwe wählen dürfte, würde er die Heuschrecken vorziehen. Die kann man nämlich grillen. Journalisten hingegen grillen viel zu häufig die Falschen.
Die Erdbeben in Aachen reichen jedenfalls nicht, um meinen inneren Rassisten wach- bzw. abzuschütteln. Es sind die eigenen Erwartungen, über die man stolpert. Was hat mich denn annehmen lassen, dass es keinen schwarzen Manfred geben soll? Jetzt bin ich meinem eigenen Rassismus begegnet und habe nicht vor zu leugnen, was geschehen ist.