16.07.20

Daniel setzte sich auf die Brüstung und rührte sich nicht von der Stelle, als hätte ihn jemand dort angeklebt. Aber ich konnte sehen, wie es in ihm arbeitete. Was immer auch in ihm los war, es dauerte zu lange.
„Gratuliere“, sagte ich und hielt Mario die Hand hin. Der schüttelte sie, behielt dabei aber Daniel im Auge, als müsse er eventuell gleich die Beine in die Hand nehmen. Stattdessen bekam er von Lukas seine Tochter in den Arm gelegt.
„Zum üben“, behauptete er, und warf mir einen Blick zu. „Stütz nur hier mit der anderen Hand den Kopf ab. Genau a so, sehr gut.“
Dann schleppten wir beide Daniel zurück zu unseren Instrumenten, um einen Eklat zu vermeiden. Wir wollten jetzt ja sowieso umbauen. Jetzt passte es richtig gut, dass Mario erst später wieder zu uns stoßen sollte.
„Des is hoid de Generation Z, de san ned so lahmarschig wia mia von der Generation X“, erklärte Lukas.
„Ich bin nicht Gen X, sondern New Power Generation“, murmelte Daniel trotzig.
„Mahlzeit“, sagte ich und reichte ihm die Kabeltrommel. „Dann sollte es doch ein Leichtes sein uns eine Leitung zum Hexenhaus zu legen.“

Wir hatten gerade angefangen noch einmal „VVW“ zu spielen, als ein vielleicht siebenjähriger Junge angerannt kam und uns aus sicherer Entfernung zuhörte. Daniel nickte ihm zu, er könne gerne näher kommen, da verschwand er erst ganz, kam dann aber nach einer Weile wieder und setzte sich vor uns auf den Boden. Ein Lied später gesellte sich seine Mutter dazu, blieb hinter ihm stehen und hörte uns eher teilnahmslos zu; so wie jemand, der auf sein Kind wartet, das bei einer Baustelle fasziniert den Baggern zuguckt. Trotzdem war es ein gutes Gefühl unser Publikum bereits verdoppelt zu haben, nachdem wir Sicherheitsabstand zu unseren Familien eingenommen hatten.
Dann kam schon wieder jemand um die Ecke, eine sehr dünne Frau ungefähr im Alter meiner Mutter, nur schlechter zu Fuß. Wahrscheinlich war es ihr zu laut. Aber sie gesellte sich zu den beiden anderen – wahrscheinlich die Oma –, sah uns der Reihe nach an, als Daniel plötzlich seinen Einsatz verpasste und den letzten Akkord ausklingen ließ. Lukas sah mich an und wir wiederholten den Takt einfach nochmal, als gehöre das so ins Arrangement. Doch Daniel blieb wie angewurzelt stehen und sah die ältere Frau an, die ihren Mund bedeckte, und dann klickte es bei mir. Scheiße, diese Geste kam mir so bekannt vor, weil ich sie schon hundert mal gesehen hatte: das war seine Mutter!

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