Walentyna, Mama, Clara, Dennis, Lukas, Daniel, Nadja, Doris, Sandra, Anita … ich werde euch alle vermissen. Wenn es mich überhaupt noch gibt.
Wertsachen besitze ich nicht, nur Dinge, die für mich einen sentimentalen Wert haben, Fotos, Briefe, Platten, Bücher und Filme. Gebrauchsgegenstände von Geschirr bis zu Klamotten, Glühbirnen, Möbel. Soll ich wirklich eine Liste für den Kram aufsetzen, wer was bekommt? Ist das wichtig? Himmel, nein. Wer etwas davon haben will, soll es sich nehmen. Lasst für jeden etwas übrig, der ein Andenken an mich haben will, alles andere kann weg.
Hätte ich gerne noch etwas getan? Nicht dass ich wüsste. Mir hat da nichts gefehlt, obwohl ich nie in New York war, oder überhaupt weit weg. Daniel und Nadja sind weiter gereist, als ich, und Lukas hat Bayern keine zehn Mal verlassen. Mama waren die Menschen, um die sie sich kümmerte wichtiger, als andere Länder kennen zu lernen. Sie hat sich von den Reisen anderer Menschen erzählen lassen, und sie so durch deren Augen kennengelernt.
„Und weißt du was? Das klang nie sonderlich spannend. Diese Reisegruppen und alles. Am ehesten hat mich noch das Essen interessiert, und das haben wir uns immer bestellt oder sind Essen gegangen, erinnerst du dich?“
Vielleicht war es das, was mich auf die Idee mit den Kochbüchern für Dennis und Clara gebracht hat. Da habe ich überhaupt nicht dran gedacht, aber ja doch. Ach Mama …
Selbst bereisen wollte sie die Welt nicht. Sie hat sich immer vor Flugzeugen gefürchtet, und wollte nie in so einer Blechdose sitzen. Lieber hat sie sich Reiseberichte angesehen, als selbst dort zu sein. Das fand ich immer langweilig, ich wollte lieber einen Actionfilm gucken, weil in Vilshofen ja nichts los war.
„James Bond reist auch in ferne Länder“, argumentierte ich.
„Der macht dort doch immer was kaputt, und ich will mir nicht ansehen, wie Leute was kaputt machen, das andere aufgebaut haben“, schnaubte sie. „Hat sich dieser Bond jemals dafür entschuldigt, für all die Obststände, die er umgefahren hat, die zerschossenen Fassaden, kaputten Fenster?“
„Das ist doch nicht der Punkt“, versuchte ich zu kontern.
„Doch, genau das ist der Punkt. Wer räumt denn hinterher den ganzen Dreck weg?“
Ich mache Platz für die nach mir und klammere mich nicht ans Leben. Wenn mir noch Jahre, Monate oder Tage bleiben, dann will ich sie nutzen, um für andere da zu sein. Aber es ist nicht so, dass mich irgendjemand braucht. Inzwischen weiß ich, das alle auch gut ohne mich zurecht kommen werden, und es ist genau dieser Umstand, der mich in Frieden gehen lässt – wenn ich denn gehen muss.