Luchse waren keine zu sehen, was mich nicht wunderte. Die pennten irgendwo oder versteckten sich, das kannte ich von ihren Artgenossen im Nationalpark Bayerischer Wald schließlich nicht anders. Auf Höhe der Thüringer Waldziegen blieb ich unvermittelt stehen.
„Was denn, schon aus der Puste?“
„Nein, ich wusste nicht, dass es sowas gibt.“ Das war die Gelegenheit. Wann, wenn nicht jetzt sollte ich sie fragen? „Hättest du Lust die mal in äh, freier Wildbahn zu sehen?“
„Ziegen?“
„Thüringer Waldziegen“, verbesserte ich.
„Erst schleppst du mich in einen Zoo, und jetzt willst du in den Thüringer Wald?“
„Mit dir könnte ich überall hingehen“, sagte ich, klang dabei nicht ansatzweise so romantisch, wie ich gehofft hatte.
„Dann lass uns das bitte gleich mal jetzt machen und schleunigst weitergehen. Ich kann die rechteckigen Pupillen von Ziegen nicht ausstehen. Da muss ich immer an Mathe denken.“
Wir schlenderten weiter, und ich konnte nicht mehr länger warten. „Ich habe da übrigens noch etwas für dich,“ sagte ich so beiläufig wie möglich und überreichte ihr die Kassette.
Walentyna packte sie aus und sagte „Oh.“
„Ist das ein gutes O…men?“, fragte ich vorsichtig.
„Ich habe keinen funktionierenden Walkman mehr“, sagte sie.
„Aber in der Bibliothek haben wir einen.“
„Nein, ich mag nicht, dass du das auf der Arbeit hörst“, wand ich ein. „Das ist irgendwie verkehrt, wenn du es nicht laut machen kannst.“
Sie zog die Augenbrauen hoch. „Muss man das denn?“
„Das habe ich nicht gesagt, nur … sollte es möglich sein?“ Ich grübelte, dann schnippte ich mit den Fingern wie Wickie. „Hör sie doch einfach bei mir an?“