08.07.20

Das hat gut getan mal wieder ein Buch in der Hand zu halten. Diese doofe Schreiberei ist total überbewertet. Lesen ist doch viel besser. Hab’s schon durch, Florida von Lauren Groff. So viel Leben schimmert in so wenigen Worten aus diesen Kurzgeschichten hindurch, dass ich den Rest der Nacht damit verbringen musste, sie schweigend zu verdauen. Ich habe mich lange nicht so wach gefühlt.

Trotzdem ging mir noch durch den Kopf, was Schwester Heide gesagt hat. Was ich zurück lassen möchte ist Musik. Weil es neue Musik braucht. Und wenn sie sonst niemand schreibt, dann müssen wir es eben wenigstens versuchen. Wenn sich nur genug Musiker auf der Welt daran versuchen würden, dann entstünde vielleicht das Klima, in dem jemand die richtige Melodie endlich in seinem Kopf hört und zu singen beginnt, dann könnten wir anderen endlich mit einstimmen.

Lukas hat herausgefunden, dass es wohl doch Fotos von den Wandgemälden am Gymnasium gibt. Leider nicht in der Schule selber, sondern bei jemandem, wo ich sie am wenigsten erwartet hätte: beim Goldhammer. Der ist inzwischen auch längst pensioniert und hat Zeit für seine Hobbys gefunden, von denen wir nicht einmal wussten, dass er welche hatte. Selbst er frönte also einem Privatleben jenseits der Pennäler-Schikaniererei. Fotografie also. Den Fotografiekurs hatte aber immer jemand anderes geleitet … Goldhammer beschränkte sich allein auf den Lehrplan und seine „leitende“ Tätigkeit. Als Porträt-Fotograf stelle ich ihn mir auch nicht vor, aber leblose Objekte wie Mauern – das passte dann doch wieder. Ob bewusst oder unbewusst macht ihn das zum Dokumentarist des Vergangenen. Hätte ich damals dabei beobachtet, wie er das Bild von dem Raketen-Wandgemälde macht, hätte ich ihn ausgelacht. Heute ist er derjenige der über mich lachen kann, weil ich erst jetzt begriffen habe, welchen Wert dieses Foto darstellt, jetzt wo es diese Betonmauer nicht mehr gibt. Dieses Rakete, dieser Gang vom A-Bau zur Turnhalle, das war unsere Berliner Mauer, und unsere Galerie ist mit ihrem Gegenstück in der Hauptstadt verschwunden. Geblieben ist die Galeere.

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