08.02.20

„Na gut, lass uns doch lieber über das Reich der Mitte und das Virus reden“, schlug ich versöhnlich vor und spülte das Essen mit einer Fanta runter.
Zuhause habe ich es mir dann zusammengegooglet, was er sagen wollte. Immerhin lag ich zeitlich gar nicht so daneben. Aber wenn ich ein Schriftsteller wäre, würde ich mich dafür schämen, wenn ich ausgerechnet das Wort Keule dermaßen populär gemacht hätte. Vor allem in welchen Kreisen. Dagegen war sogar die Ruck-Rede inspirierend. Wenn der Bundespräsident einen bessern Ort dafür gewählt hätte, um sie zu halten. In dem Luxushotel gehen ja genau die wieder ein und aus, die eben noch nie Opfer für dieses Land bringen mussten, die Reichen. Nicht einmal die, die dank der Keule zu ihrem Reichtum gekommen sind, wie die Flicks, von Fincks, Oetkers oder Quandts. Der Ruck als Quandt-ensprung. Es wäre ausgleichende Gerechtigkeit, wenn die den Mindestlohn finanzieren müssten, mehrgängige Tafeln für alle, die es nötig haben, sowie kostenlosen öffentlichen Nahverkehr. Das hätte den neuen Rechten glatt den Nährboden entzogen, im Westen wie im Osten.

Eigentlich wollte ich mich ja gesünder ernähren, aber diese trockenen Bratlinge hätten wahrscheinlich besser geschmeckt, wenn ich sie geraucht hätte. Stattdessen war ich hungrig nach Hause gekommen und habe mir noch was gekocht (Rezept?)

Ein neues Video aus dem BGM, wie man sich vor Ansteckung schützt. In die Armbeuge niesen und husten, Hände waschen. Also wenn ich schon Husten und Schnupfen habe, warum bin ich dann überhaupt unter Leuten? Da bleibt man mit dem Arsch zu Hause. Oh Mann.
Nee, das Virus werden wir kein zweites Mal so schnell wieder los. Wenn man halt davon ausgeht, dass die das schon wieder so unter Kontrolle bringen werden, wie in München … aber die Italiener halt, ha ha. Und im Iran lecken sie den Schrein ab, guck mal, wie doof! Sagen sie, während sie sich vor dem Spiegel in ein Kostüm für die Karnevalssitzung zwängen. Ich kann’s ja verstehen, wir haben auch so schon genug um die Ohren. Also jetzt nicht unbedingt bei uns, aber wir wissen alle, wie kacke es aussieht. Aber immerhin bringen uns auch wirklich alle Stars und Sternchen gerade bei, wie man sich die Hände wäscht. Und eigenkomponierte Songs sollen wohl dabei helfen, dass sie damit viral gehen. Dabei geht es doch eigentlich genau um das Gegenteil.
Nee, ich leg mich besser hin. Fühle mich wie erschlagen.

Aufgewacht, gepinkelt. Gehört, dass eine Nachricht eingegangen ist, also schnell nachgeguckt: Eine E-Mail von Walentyna. Hurra! Wir sind Dienstag zum Abendessen verabredet. Freitag wollte sie nicht, um mir keine falschen Signale zu senden. Dann bleibt mir noch weniger Zeit um mein Bücherregal in Ordnung zu bringen. Für alle Fälle, falls sie … nein, das ist bestimmt noch zu früh. Ob ich ihr trotzdem etwas schenke? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Das wäre etwas um die Zwillinge um Rat zu fragen, aber Clara hat mir ja dazu geraten abzuwarten, wann sich Dennis meldet. Von ihr habe ich aber auch wieder länger nichts gehört. Ob sie ihre Meinung wieder geändert hat?

© Jens Prausnitz 2023

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