War nach der Schicht noch in der Kantine mit Dr. Heßler, dessen Augenringe sich auszubreiten scheinen, wie Wellen, nachdem man einen Stein ins Wasser geworfen hat.
„Erinnerst du dich an den chinesischen Augenarzt von dem ich dir erzählt habe?“
„Ja, wieso?“
„Nun, Li Wenliang ist vor wenigen Tagen an den Folgen eben jener Virusinfektion gestorben.“
Ich stöhnte. „Können wir das Thema wechseln? Ich bin deswegen schon komplett verspannt, weil ich mich auf dem Nachhauseweg ständig umdrehe, wenn jemand niest oder hustet. Als wäre mir das Virus schon auf den Versen.“
„Was schlägst du vor? Das zweite Hauptgericht von der Tageskarte? Ich glaub der Koch hat Humor.“
„Wieso, gab’s heute etwa wieder Gordon Blu?“, fragte ich und stocherte entschlossen in meinen vegetarischen Pressgemüsebratling.
„Thüringer Bratwurst“, sagte Heßler grinsend. „Und der Kartoffelbrei ist als ein kleines rundes Häufchen geformt, vermutlich mit so einem Eiskugelding angerichtet, und das erinnert an …“
„… eine Glatze“, vervollständigte ich seinen Satz. „Nicht übel. Kartoffelbrei im Kopf. Passt.“
„Schade, dass es keine schwarzen Teller hat.“
„Das verstehe ich jetzt nicht.“
„Wegen der Mitte? Serviert hat uns den Schlamassel doch die CDU, durch ihre Enthaltung, anstatt das demokratisch richtige zu tun. Dass die FDP umkippt ist doch seit der historischen ‚Wende‘ keine Neuigkeit mehr. Sorgen machen mir die Konservativen, weil wenn die kippeln, dann verhelfen sie wieder Faschisten an die Macht.“
„Das siehst du doch …“
„… zu schwarz?“, komplettierte er nun mein Erstaunen. „Absolut, ja. Das ist es ja eben. Mit Geschichtsvergessenheit beginnt es. Das Hufeisen vom fliehenden Pferd, ich kann gar nicht so viel …“
„Ich kann nicht mehr folgen“, gab ich zu und hustete eine Erbse auf den Teller.
„Die Rede in der Paulskirche?“
„Der Ruck?“
„Nein, die Keule!“ Heßler schüttelte enttäuscht den Kopf.