07.06.20

Meine Mutter hat mir mal erzählt, wie ich als Kind mit dem Finger auf einen Schwarzen gezeigt habe, und „Guck mal Mama, ein …“ – ich mag’s nicht mal mehr schreiben – „ein N-Wort“ gerufen habe. Herr N. lächelte wohl zurück, aber meine Mutter versank in Scham. Warum? Weil man es eigentlich besser weiß, aber woher hätte ich das damals schon wissen sollen? Ich rief nur stolz das ab, was ich gelernt habe, und es wird mir ewig bitter auf der Zunge liegen. Dass sich das viele nicht eingestehen wollen, kann ich sogar ein bisschen verstehen. Aber es nimmt uns nichts von unserer unbeschwerten Kindheit, wenn wir heute die Zusammenhänge sehen. Ist nicht genau das der Punkt von „nie wieder“? Zu sagen, man sehe „keine Farben“ ist gut gemeint, aber gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut. Es ist ja schön, dass man versucht schon heute in einer Star Trek Zukunft zu leben, nur ergibt das jenseits von Fan-Conventions wenig Sinn. Es ist halt Realitätsflucht, und stellt sich nicht schützend vor Minderheiten.
Wer das nicht verstehen kann und meint, das seien doch nur Worte, dem sag ich: es waren auch nur Worte, die den Verbrechen den Nazis oder Kolonialherren vorausgegangen sind. Auf abwertende Worte folgen Taten, und wer will schon seine Privilegien abgeben, wenn weiß in einer weißen Mehrheitsgesellschaft zu sein das einzige Privileg ist, zu dem es je gereicht hat? Kolonialismus heißt: „Wir sind besser als die, deswegen dürfen wir es ihnen wegnehmen.“ Wahrscheinlich ist dass das „früher war alles besser“, das wirklich gemeint ist. Endlich wieder rechtlose Bedienstete haben, ein Traum.
Wie mir all diese Unbelehrbaren mit ihren gefühlten Wahrheiten auf die Nerven gehen! Ich glaube, was die sich wirklich wünschen ist, dass ihnen nicht widersprochen wird. Dann sollen sie eben gefälligst zu Hause bleiben, wie vorher auch. Wer unter Menschen sein will, muss auch Widerspruch aushalten, verdammt noch mal! Spielen wir immer noch „wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“

Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann wäre es, das man Rassismus und Intoleranz riechen könnte, und das man ihn nicht mit Seife abbekommt, sondern nur durch Einsicht. Das sind alles Duftnoten, die der Kenner aus dem Nazigestank herausriecht – Feinheiten, auf die der Durchschnittsriecher gerne verzichtet.
Deutschland würde stinken, andere Länder sicher auch, aber anders. Jeder müsste sich schon an die eigene Nase fassen, sich selbst waschen, und nicht den Nachbarn. Die erste Reaktion wäre Scham. Endlich. Endlich! Die Leute würden sich für ihre Ausdünstung schämen. Aber nicht nur so, als wäre ihnen in der Öffentlichkeit hörbar ein Furz entfleucht, der sich schnell verflüchtigt, sondern ein permanenter Gestank, in dessen Nähe es niemand aushält.
Wir würden diese Menschen isolieren, und kein Persilschein könnte unsere Nase betrügen. Wer seine Einstellung nicht ändert, der stinkt eben weiter nach Nazi.

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