Er seufzte. „Agape kommt aus dem Griechischen und meint eine Liebe, die darauf gerichtet ist, dass das gegenüber über sich selbst hinaus wächst. Es ist völlig uneigennützig, ohne erotische Komponente.“
„Ich dachte ‚Eros’ sei das griechische Wort für Liebe.“
„Die haben mehr als eins.“
„Wie praktisch.“
„Und deutlich präziser“, sagte Heßler. „Auf Latein wird Agape als ‚caritas‘ übersetzt, das ist eine ganz praktische Eselsbrücke. Und wenn es dich beruhigt: eine Liebe zu Nation oder Volk kommt da nicht einmal vor.“
„I-A sagt Danke.“
„Die Griechen haben sich übrigens auch schon gefragt, wem man die Erziehungsfragen überlassen sollte: Den Eltern? Der Familie? Dem Staat? Also Aristoteles, beziehungsweise Plato.“
„Komm mir nicht noch mit denen! Kommt das von dem Spinat neulich, oder was?“, protestierte ich. „War dir das mit Einstein denn keine Lehre?“
„Es ist schon immer das Wesentliche von einigen verstanden worden …“
„Nur noch nicht von jedem.“
„Was?“
„Karl Valentin. Also meine Satzhälfte.“
„In gewisser Weise erinnerst du mich ein bisschen an ihn.“ „Optisch werde ich ihm auch schon immer ähnlicher.“
Wir lachten.
Nach dem Telefonat begann die nächste Fahrt im Gedankenkarussell. Was, wenn es mich erwischt? Es ist ja nicht so, dass ich der Welt etwas hinterlassen wollte, ich will sie heute retten, nicht erst übermorgen gerettet wissen. Das reicht nicht. Es braucht solche Leute wie Heßler, die schon jetzt an die Kinder von morgen denken können, aber ich hab schon heute welche, die ich liebe, und für die ich alles tue. Ich bin nicht Team Virus. Ich will leben um etwas zu verändern, nicht nur mit Worten.