„Wundert mich irgendwie nicht einmal“, sagte ich und trat zu ihm ins Dunkel. „Wie soll dich dein Unterbewusstsein auch auf etwas aufmerksam machen, dass du vermutlich längst aufgeschrieben hast?“
Heßler lächelte. „Warum fragst du?“
„Ach, es ist wegen dieser Schulträume, die einfach nicht aufhören. Jetzt habe ich da im Keller Bücher verbrannt.“
„Und jetzt glaubst du, du bist deswegen ein Nazi?“
„Was ist man denn sonst, wenn man Bücher verbrennt? Erst sind es die Bücher und dann irgendwann Menschen.“
„Was für Bücher waren das denn?“
„Keine Ahnung, alte Schulbücher halt.“
Jetzt lachte Heßler wieder herzhaft. „Und deswegen machst du dir Sorgen? Weil dein Unterbewusstsein überholte Schulbücher verbrennt?“
„Ich find das gar nicht witzig.“
„Dir ist schon klar, dass in dem Fall die alten Schulbücher eben noch genau aus der NS-Zeit stammen könnten? Hast du dich nicht zuletzt darüber beschwert, wie sehr die Bücher der Zeit hinterherhinken?“
„So habe ich das noch gar nicht gesehen.“
„Doch, hast du. Aber halt wieder vergessen. Deswegen verbrennst du jetzt wohl die Bücher.“ Heßler wischte sich Lachtränen aus den Augenwinkeln. „Oder wann hast du sonst zuletzt Schulbücher gesehen.“
„Als ich in Vilshofen war – ach, daran habe ich gar nicht gedacht.“ Also erzählte ich ihm von den Büchern, die Lukas sammelte, die mit den Zeichnungen am Rand und anderen Alltagsfluchten.
„Okay“, sagte er. „Das ändert nicht an meiner Einschätzung. Denn die sind demnach ja von deinem Freund gerettet worden. Vielleicht sollte der darüber nachdenken sie zu verbrennen.“
„Wieso das denn?“
„Weil die Zeit vorbei ist. Wieso also nicht endgültig davon befreien?“
„Da ist was dran“, gab ich zu, starrte ein bisschen in die Luft und sah mich dann um. „Hast du mal daran gedacht, dich von den ganzen Ordnern zu befreien?“
„Anfangs, ja. Aber dann war die Angst zu groß, ich könnte mich wiederholen.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Was machst du automatisch, wenn du einen zweiten Ordner vollschreibst?“
„Ich stelle ihn neben den ersten?“, riet ich.