Deutsche verzeihen ihren Chefs jeden Regelverstoß, ahnden nach unten aber jede noch so kleine Übertretung. Und warum? Weil sie davon überzeugt sind, die gleichen Privilegien zu genießen, wenn sie erst einmal gesellschaftlich aufgeschlossen haben, was natürlich nie passieren wird. Je höher man steigt, desto weniger muss man sich an irgendwas halten. Bis man sein eigener Landesfürst ist, der Chef im eigenen kleinen Lande, Reichsbürger-Kleinstaaterei, alles wie früher, wie schon mal dagewesen. Darum zeigt man Komplizenschaft mit denen über sich, den Führern und Alpha-Männlein, zeigt sich nach unten noch skrupelloser, als sei es Bestandteil eines Bewerbungsgesprächs, oder wie wir es heute lieber nennen: eine Castingshow. Für Arschkriecher, die ausgerechnet dort nach höherem streben.
1989 haben wir Dinge selbst angepackt, also unsere zukünftigen Mitbürger der DDR sind gegangen oder haben sich engagiert, wir haben geholfen. Geklagt hat da keiner. Diese gesellschaftliche Neuerfindung, die damals gerade einmal begonnen, und dann jäh in blühenden Landschaften abgewürgt wurde, fehlt uns bis heute.
Dieser erste Schreck, als der eiserne Vorhang fiel, dass da keine Monster von drüben zum Vorschein kamen, kein Kommunist mit angelegtem Gewehr, sondern Gleichaltrige mit ungekämmten Haaren und schlecht sitzenden Klamotten, wie ein Blick in den Spiegel, nur zufrieden und glücklich, frei – so wollten wir auch sein, uns in unserer Unvollkommenheit annehmen können, ohne die ewige Selbstzerfleischung.
Damals haben wir unsere eigene Familie gegründet. Es war an mir diese mir lieben Menschen darin aufzunehmen und zu adoptieren. Familie muss nie ein rein biologisches Konzept sein, sondern wäre besser eins der Identifikation. Das heißt ja nicht, dass man alle mögen muss. Mein Vater ist mit einer Warnung, Heßler war mir lange Zeit eine Inspiration, aber jetzt bin ich so weit ihn hinter mir zu lassen, mich von ihm zu lösen, bereit für eine neue Perspektive. Die Menge an Perspektiven, die meine Familie einnimmt, macht mich stolz, und nur wenn ich das als nie endenden Prozess verstehen lerne, entsteht so etwas wie Unsterblichkeit. Mit Kindern verliert man die Angst vor dem Tod und stürzt sich stattdessen mit ihnen ins Leben. Too fall in love eben. Wenn man auch seine Freunde liebt und als Familie sieht, dann kann jeder Mensch Teil deiner Familie werden. Wie Rush.