Ich drehte meine Schlüsselrunde und fragte mich, was Walentyna wohl gerade in meiner Wohnung machte.
Ihre erste Übernachtung bei mir habe ich mir irgendwie anders vorgestellt, aber irgendwie witzig ist das schon. So komme ich morgen nach Hause und da wartet jemand auf mich. Und nicht meine Mutter, sondern meine Freundin? Partnerin? Sind wir überhaupt schon ein Paar? Wir haben da noch gar nicht drüber gesprochen.
Jetzt gerade, in diesem Augenblick steht sie vielleicht auf dem Balkon, sitzt auf der Couch oder liegt in meiner Badewanne. Ohne mich. Ich würde ihr so gerne bei allem zusehen, was sie macht. Es würde mir schon reichen, wenn ich wüßte, ob sie sich wohl fühlt. Sie wird wahrscheinlich die Kassette anhören, die ich ihr aufgenommen habe, und Picknick ansehen, aber sonst? Aus meinen Bechern trinken, von meinen Tellern essen, in meinem Bett schlafen.
Nachtisch hatte ich keinen vorbereitet, damit hatte mich Walentyna auf dem linken Fuß erwischt. In Polen wäre das so üblich. Na ja, in Deutschland auch, meinte ich, aber ich müsse ja bald zur Arbeit.
„Wer ist eigentlich Tina?“, fragte Walentyna geradeheraus.
Wie kam sie denn jetzt darauf? Und woher hatte sie den Namen? Da ich nichts sagte, deutete sie auf das Bücherregal. „Unordnung ist das ganze Leben, da ist eine Widmung drin. Du hattest es versteckt, an deinem Geburtstag.“
„Ach so, das. Von einer Arbeitskollegin.“
„Ist das nicht ein bisschen zu persönlich?“
„Sie ist verheiratet. Ich war vor ein paar Jahren schwer in sie verliebt, aber es ist nie weiter etwas zwischen uns gewesen.“
„Und der Kuchen?“
„Der war doch nicht von Tina, sondern von meiner Mutter!“, rief ich. „Hast du den etwa deswegen nicht angerührt?“
Sie nickte schuldbewusst.
„Der weltbeste und saftigste Zitronenkuchen auf Erden, und du lässt ihn absichtlich vertrocknen, weil du glaubst, ich hätte was mit einer anderen?“
„Tut mir leid, ich war eifersüchtig.“
„Hättest du etwa sonst da schon mit mir … also hätten wir …“
„Ja.“