01.05.20

Ich kann es kaum glauben, aber ich rauche tatsächlich seit 2 Monaten nicht mehr, auch wenn es jeden einzelnen Tag schwer fällt. Wie schnell man sich doch an Sachen gewöhnt. Könnte das schon Entzug sein? Wenn es nur genauso einfach wäre sich Dinge abzugewöhnen, wie neue anzugewöhnen. Besser gewesen wäre es natürlich, ich hätte schon vor 10 Jahren aufgehört. Wollen tue ich es ja noch länger. Es verhält sich damit erstaunlich ähnlich wie mit dem Klima, da sehen wir auch erst heute die Auswirkungen unseres Verhaltens der vorletzten Dekade. Die Kacke, die wir seitdem neu gebaut haben fliegt uns erst noch um die Ohren. Gemessen daran sind die Proteste alle zu mild.
Fridays For Future müsste in die Politik, aber anders, als es die Grünen vor 40 Jahren gemacht haben. Wenn man eine Partei neu gründen muss, sind die guten Vorsätze aus den Anfangstagen verwelkt, bevor man in Parlamenten zur Mehrheitsbildung benötigt wird. Außerdem haben wir keine Zeit mehr dafür. Was bleibt dann noch anderes übrig, als der Gang in die bestehenden Parteien? Also nicht nur in eine, sondern in alle. Parteiübergreifender Konsens indem man nicht mehr totgeschwiegen werden kann, und niemand mehr an einem vorbei kommt. Den Diskurs zugunsten der Kinder und ihrer Zukunft verschieben, indem sie überall sichtbar werden, auf jedem Parteitag, in jedem Ortsverein. Spalte und herrsche war gestern, morgen bewegen wir gemeinsam etwas.
Es gibt ja keinen Mangel an Themen, die alle angehen. Die soziale Frage etwa. Es sind ja die Reichen, die über die Verhältnisse des Planeten leben, nicht die „kleinen Leute“. Haben Reiche etwa die fünf Tage Woche durchgesetzt? Oder Krankenkassen? Rente? Urlaub? Die schaffen keine Arbeitsplätze, wenn man ihnen mehr Geld lässt, haben sie noch nie getan, sondern stets nur neue Wege gefunden sich alles in die eigenen Taschen zu schaufeln, während wir unbezahlte Überstunden geleistet haben. Die kennen unsere Namen nicht, und schon gar nicht die unserer Kinder. Wenn wir uns das jetzt nicht von ihnen zurück holen, wann dann? Das sind unsere Leistungen, die das finanziert haben, damit sie nicht abwandern und weder Wirtschaft noch Staat zusammenbricht, und jetzt wollen die ohne uns zum Mars in eine Kolonie flüchten? Auf den Mond sollten wir sie schießen, oder besser noch in die Sonne!
Die Ironie der Geschichte ist, das gerade jetzt, wo wir uns welche aufsetzen müssen, alle wahren Masken fallen. Zum Beispiel in der Bildungspolitik. Kultusminister, was für ein Hohn. Oder wenn man es von Kult und nicht Kultur ableitet. Nirgendwo kann man eindeutiger die Prioritäten ablesen. Die Gesundheit der Kinder? Egal. Die Eltern müssen wieder zur Arbeit, und deshalb ihre Kinder zurück in die Schule. Das ist wie das Verteilungszentrum für das Virus aufmachen, damit es auch ja alle bekommen. Weil wir haben uns so auf eine Welle gefreut, wie wir sie in anderen Ländern beobachten durften. Mir kann doch keiner erzählen, hier ginge es um die Abschlüsse. Als würde sich nachher irgendjemand dafür interessieren. Wichtig ist nur, wie viele Jahre man abgesessen hat, weil es Zeugnis darüber gibt, wer was wie lange aushalten kann. Von Gymnasiasten wird mehr Konformität erwartet. Der Bildungsgrad spielt keine Rolle, auch wenn etwas anderes vorgegaukelt wird. Die Führungspositionen sind sowieso längst anders besetzt und müssen nur den Schein aufrecht erhalten für alle erreichbar zu sein. Für alle anderen heißt es „streng euch halt mehr an“, Hauptsache der Zustrom neuer Mindestlohnsklaven reißt nie ab. Nicht mehr für Volk und Vaterland, sondern für Aktionäre und Wirtschaftsstandort.

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