„Was denn? Ist doch gut, dass wir die Ursache gefunden haben.“
Er wurde so kreidebleich wie die Dragees und schüttelte den Kopf.
„Aber de san… des san die vom Daniel.“
Mein fragender Blick half nicht wirklich weiter.
„Woast, damals am Bahnhof, als i eam no’d Ring gem hob, da…“
Lukas schluckte. „Da hod er mia seine Tic Tac doglassn.“
„Nicht dein Ernst? Und das sind… die sind da 30 Jahre drin gelegen?“ Er nickte.
„Die müssen wir ihm bringen“, beschloss ich.
„Zu seim Geburtsdog?“
„Ich glaube, da finden wir einen bessere Anlaß. Und früher“,
behauptete ich, ohne eine Idee zu haben. „Vielleicht probier i’s mit am Anlassjodler?“
Weil ich die Gedenkplakette erwähnt hatte, zeigte mir Lukas den Stolperstein in der Vilsvorstadt, und am Stadtplatz gäbe es noch weitere.
„Das versöhnt mich dann doch mit der Plakette, weil die sind wichtiger. Dezenter.“
„Von wegen dezent…“ Lukas führte mich dann zum Fragment der Berliner Mauer im Ginkgo-Park, vor dem ich noch ratloser stand, als am Morgen vor der Plakette am Bergerparkplatz.
„Und?“, fragte Lukas. „Was moanst?“
„Ehrlich gesagt weiß ich es nicht. Es ist mit Sicherheit das schlechteste Gedicht, dass ich jemals gesehen habe – wenn es überhaupt eins sein soll?“
„I dad ja ‘Aua’ ois drittes Wort nehma.“
Ich seufzte. „Immerhin taugt die Plakette was. Ohne die Erklärung wüsste ich das nicht einzuordnen.“
„I hob a no echte Mauer dahoam, woastas no, aus dem Sommer?“ „Bundi Smarties? Natürlich!“
Am Abend hatten wir Bescherung, verzichteten aber auf Gesinge, Weihnachtsgeschichte und allen anderen Firlefanz. An Dekoration tat es eine Lichterkette im Fenster, sowie ein paar an den Kratzbaum getackerte Tannenzweige, hinter denen sich jetzt Marlene versteckte, und mich mißtrauisch beäugte. Sandra war nicht sehr religiös, und froh nicht mehr bei sich zu Hause mit der Familie feiern zu müssen.
„Weißt du noch, wie uns der Geistler früher immer seine depperten Apostel genannt hat?“
„Evangelisten,“ verbesserte Lukas.