27. Dezember 2019 – frei

Wir gingen die Ortenburger Straße hinauf, Lukas keuchte bereits bedenklich, wollte sich aber nicht beim Koffer tragen ablösen lassen. „Du, krieag jetzt bloß koan Schreck.“
„Wieso denn? Was, oh.“ Dann verstand ich, was er meinte. Das Haus, in dem ich mein ganzes Leben in Vilshofen verbracht hatte, war nicht mehr da. „Ein Parkplatz? Allen ernstes?“
„Duad ma leid. I kunts dir ned am Telefon sogn. Hobs ned übas Herz bracht.“
Schweigend gingen wir den Berg weiter hinauf.
„Ist es noch weit?“, fragte ich extra quengelig.
„Na, glei samma do.“
Lukas hatte nicht zu viel versprochen, sie wohnten am Hammerweg, gleich in der ersten Kurve, in einer Dreizimmerwohnung, wo Sandra schon auf uns wartete.
„Wo bleibt ihr denn? Ist gleich alles kalt!“ Sie hatte eine Stimme, wie Inga Humpe. Wie großartig!
„Dafia bist du hoasa den jeh.“ Lukas stellte meinen Koffer ab, streichelte ihr über den gewölbten Bauch, und sie klebte ihm eine mit dem Kochlöffel an die Backe, der dort von alleine hängen blieb.
„Und du muast der Johann sei, richtig?“, wandte sie sich an mich, also nickte ich schnell. „Dann kimm eine, sonst fangst dia a oane.“ Der Aufforderung kam ich lieber nach.
Wir setzten uns zum Essen, es war wunderbar nach der langen Bahnfahrt. Schweinebraten mit aus Linsen zusammen gemantschten Knödeln, weil für Semmelknödel weder Semmeln noch Milch im Haus waren. Das machte mir aber nichts aus, und die Kruste entschädigte für alles, wenn man seit Jahrzehnten keine mehr gegessen hatte.
„Mei, ganz vergessen dich zu fragen: du bist nicht zufällig allergisch auf Katzen?“, wollte Sandra wissen.
„Nein, wieso? Versteckt sich hier eine?“
„Ja, mit Betonung auf versteckt.“ Sandra rief versuchsweise in die Wohnung: „Marlene!“
„Wie die Dietrich?“
„Ja, weil’s immer überall irgendwie eine kimmt.“
„Wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?“, wollte ich von Lukas und Sandra wissen.
„Telefonisch.“
Visionen von teuren Vorwahlnummern schossen mir kurz durch den Kopf.
„I hob a Anzeige im Donaubot’n aufgem, dass i a Waschmaschine verkauf, und’d Sandra hot agruafa.“
„Waschmasch.“

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