06.02.20

„Das ist ja günstig.“
„Ich hab dir doch gar nicht gesagt, wieviel sie kostet!“, rief Mama, und ich glaube der Wasserkocher hatte es für sie wie eine Frage klingen lassen.
Als sie mit zwei Kaffeebechern und Gebäck in einer Schale zurückkam und auf dem Tisch abgestellt hatte, ließ sie sich mit einem Seufzer in ihren Lesesessel fallen. „Ich will es ehrlich gesagt auch nicht mehr. Meine Gelenke und ach, es strengt mich zu sehr an. Außerdem mag ich ihre Gesellschaft. Es ist schön mal Zeit mit jemand jüngeren zu verbringen.“
Ich verkniff mir die Frage danach, wie alt sie sei und sagte stattdessen möglichst sanft: „Schon dich ruhig ein bisschen.“
„Genau das tue ich doch! Ein bisschen weniger Bewegung hier, ein bisschen weniger atmen da …“
Und mir wurde ein bisschen anders, also nahm ich schnell einen Schluck von dem Kaffee. Ich wollte jetzt auf gar keinen Fall daran denken, wie leer es einmal ohne sie sein könnte. Also versuchte ich schnell vorher das Thema zu wechseln. „Ich kann es nicht anders sagen, aber als ich mit Frau Jaschke gesprochen habe, stellte ich mir vor, wie es gewesen wäre sie als Oma zu haben.“
Mutter presste die Lippen aufeinander. Ihre Augen wurden glasig, sie schluckte, schloss die Augen und nickte dabei. Mist, ich habe wohl wieder etwas falsches gesagt. Sie hielt sich die Hand vor den Mund, bis sie ihre Fassung wiederfand.
„Tut mir leid, ich wollte keine Wunden aufreißen …“
Sie schüttelte den Kopf. „Zuerst einmal solltest du die Redseligkeit von Frau Jaschke nicht mit Offenheit verwechseln. Die hat es faustdick hinter den Ohren. Aber meine Mutter …“ Sie brach ab und holte noch einmal tief Luft. „Meine Mutter war wirklich herzlich. Da war nichts geschummelt.“
„Was ist denn mit Frau Jaschke?“
„Junge, wie kann das sein, dass du in der Arbeit die Eltern zu lesen gelernt hast, und es jetzt bei den Großeltern nicht tust? Wieso gehst du ihnen auf den Leim, anstatt sie zu durchschauen?“
„Wie, durchschauen?“
„Na mit Geduld. Das mache ich seit Jahren und verstehe endlich mehr über die Generation meiner Eltern.“
„Inwiefern?“
„Vor allem ist mir in all den Jahren kein Typ wie meine Mutter begegnet, nicht ein einziges Mal. Das woran ich mich bei ihr bis heute lebhaft erinnere, dem bin ich nie wieder begegnet“, sagte sie traurig. „Typen wie meinem Vater hingegen dauernd.“
„Wie war deine Mutter? Woran erinnerst du dich noch?“

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