06.01.20

Wieder zu Hause, wusste ich nichts mit mir anzufangen. Ich setzte mich auf das Sofa und guckte das Regal an. Dann musste ich an Olga von der Silvesterparty denken und lächelte. Die würde ich eigentlich ganz gerne wiedersehen. Ich könnte ja raufgehen und klingeln, vielleicht gibt mir Manfred ihre Nummer? Nur weiß ich leider noch immer nicht, wie der aussieht. Es könnte ja jeder aus dem Treppenhaus sein. Umgekehrt ist es ja genauso: „Wer will das denn wissen?“
„Äh, ich. Johann? Von der Silvesterfeier?“
„Ich hab keinen Johann eingeladen.“ Rumms. Tür zu.
Oder sie? Vielleicht ist „Manfred“ ja ein Kosename. Ich begegne hier im Treppenhaus doch mehr Frauen als Männern. Wofür könnte denn Manfred ein Kosename sein? Vielleicht ist es wie im Report der Magd, bei Offred. Nur ist dort ja nicht die Vorsilbe die entscheidende, sondern der Vorname hinten dran. Mann-Fred, oder Frau-Fred, mit wem habe ich wohl die Ehre?
Ach, dann halt eben kein Date. Frauke sollte mir ohnehin eine Lehre sein. Ich steh auf und ziehe einen Film aus dem Regal. Full Metal Jacket. Nee, das pack ich jetzt nicht. Mutter hat es nie gemocht, wenn ich Kriegsfilme gucken wollte, mich sie dann aber doch immer ansehen lassen, wenn auch zähneknirschend. Und nicht nur Kriegsfilme, einfach alle, bei denen Kämpfe oder gewaltsam ausgetragenen Konflikte eine Rolle spielten. Also nahezu jeder jemals gedrehte Actionfilm. Noch lieber habe ich sie aber gesehen, wenn sie nicht da war, weil dann ihre Kommentarspur stummgeschaltet war.
Diese Filme waren meistens bescheuert, das weiß ich jetzt auch. Aber damals, als Kind? Da habe ich sie geliebt. Meistens versprach ja bereits der Titel zentrale Konflikte. Die Brücke von Remagen , Die Brücke am Kwai, oder einfach nur: Die Brücke. Im Grunde ging es immer darum von einem Ufer ans andere zu gelangen, oder genau das zu verhindern. Sehr viel klarer lässt sich ein Konflikt wohl kaum darstellen. Den will man dann auch sehen und nicht weglassen.
In vielen Filmen gibt es ja zunächst eine Liebesgeschichte, ehe dann der Mann patriotisch verblendet in den Krieg zieht, die Hölle durchlebt, und als gebrochener Mann heimkehrt. Geläutert zwar, aber zu spät. Die Frauen wussten es schon vorher besser, aber das wollte doch keiner sehen! Kein Junge wollte die diplomatische Lösung eines Konfliktes sehen, sondern die versprochenen Explosionen, die Bomben, das Knattern der Maschinengewehre. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen in Remagen hätte wohl deutlich weniger Zuschauer gefunden. Ich hätte damals einen Bogen darum gemacht. Aber warum eigentlich? Damals hat mich alles mit Liebe genervt. Erst wenn die Hormone einsetzen ändert sich die Perspektive auf das begehrte Gegenüber. Man kann körperlich gar nicht mehr anders.

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