Später beschuldigte er Vögel, dann den Hausmeister, schließlich einen Sommerregen. Am Ende blieb wenig von Lukas’ Aktionskunst übrig, obwohl er sich als einziger erleichtert hatte. Aber jeder Künstler ist sich selbst das erste Publikum, und was einmal aus einem heraus ist, bleibt es in der Regel auch.
Trotzdem deutete er jedes Mal auf dem Weg zur Turnhalle einmal mit dem ausgestreckten Zeigefinger nach oben, als wüsste er ganz genau, wo er sein Geschäft verrichtet hatte. Zwar wanderte der genaue Punkt ein wenig hin und her, aber wir wussten Bescheid. Und nur wir, denn Lukas hatte uns das hoch und heilige Versprechen abgenommen, niemals auch nur einer Menschenseele davon zu berichten.
Was mich und Daniel dazu bewog irgendwann zu glauben, dass Lukas seinen Haufen noch in der selben Nacht wieder entfernt haben musste. Wir werden die genauen Umstände wohl nie erfahren.
Ein Kind hat ein Bild von mir gemalt, mit dem Namensschild „Schwester Johann“. Ich werde es gewissenhaft zu den anderen tun, sind inzwischen ja einige zusammen gekommen.
„Siehst du?“, sagte ich zu Schwester Anita. „Das hatte nie etwas mit den langen Haaren zu tun.“
Sie nickte nur schuldbewusst. Um sie etwas aufzuheitern stimmte ich ihrem Frühschoppen-Vorschlag zu. Warum denn auch nicht?
Mist, Alarm.
© Jens Prausnitz 2023