19.01.20

„Das Album hat mir neue Kraft gegeben.“
Little Earthquakes hat mich in Aachen ehrlich gesagt so sehr verunsichert, dass ich mir danach keines ihrer Alben mehr angehört habe.“
„Wer ist dieser Heßler“, fragte Nadja nach einer Pause.
„Was? Ach, so, Dr. Heßler. Der ist Kinderarzt bei mir an der Klinik, und … wie ein Vater für mich.“
Nadja gluckste und schüttelte den Kopf.
„Was denn“, fragte jetzt ich.
„Jetzt haben wir beide Väter, die uns was von den Sternen erzählen.“
„Würdest du denn …“
„Nein“, unterbrach sie mich. Dabei wusste ich noch nicht einmal, was genau ich sie fragen wollte. „Ich bin mir der Sterne nicht mehr so sicher, weißt du?“
„Erzähl“, sagte ich.
„Ich war doch mit Daniel in Südafrika. Er wollte, dass wir das Kreuz des Südens gemeinsam sahen, das ich damals auf den Trabi gemalt habe. Um unsere Ehe neu zu beleben.“
„Das hat doch auch funktioniert“, sagte ich sorgenvoller, als es hätte klingen sollen.
„Ja, schon.“ Nadja seufzte. „Aber so mitten im Studium konnte ich nicht anders als zu denken, dass es auch nur wieder Sterne sind. Der Zauber verfliegt, wenn man alles mit eigenen Augen sieht. Zum ersten Mal waren mir Sterne egal. Kennst du das?“, fragte sie.
Ich überlegte und schüttelte dann den Kopf. „Ja. Also von anderen. Es gibt da einen Kardiologie-Prof bei uns, der nicht mehr die Kinder sieht, die er vor sich hat, sondern nur noch deren Symptome, und wie die in seine Forschungsarbeit passen. Dem könnte ich manchmal ins Gesicht springen, weißt du? So will ich nie werden. Jedes Kind ist einzigartig.“
„Jeder Stern da oben auch“, sagte Nadja. „Aber jetzt sind sie mir auf einmal zu weit weg.“
„Dann … ist es die Ausdehnung, mit der du nicht klar kommst?“
Sie nickte anerkennend und lächelte. „So wird es wohl sein.“
“Es war wie … ich weiß nicht, ein Versuch Valentin wieder lebendig zu machen? Wenn ich nur genug über die Sterne wusste, dass es ihn wieder lebendig machen würde? Als wäre es Medizin. Aber da oben ist mir zu viel Tod. Das Meiste dort oben, was wir sehen können ist tot. Die Planeten voller Leben gehen dazwischen unter. Der Tod überstrahl alles, und es sollte umgekehrt sein. Daran erinnern mich die Sterne, wenn ich nach oben sehe – wenn ich dann überhaupt etwas sehe. Ich will aber wieder unter Lebenden sein. Die sieht man manchmal auch nicht, auch wenn sie vor einem stehen. In Kontrollzentren an Bildschirmen sitzen, oder an anderen Sternbilder rendern, untersuchen, vergleichen – das bin nicht ich. Da ist mir zu viel dazwischen.”
Die Jungs kamen begeistert zurück, obwohl sich die Bühne nicht in den Außenbereich schwenkte –was im Februar jetzt nicht so überraschend war, wie es aus ihrem Mund klang. Sie hatten trotzdem viel Spaß an der Suche nach dem Knopf, weil das Orchester einem Rentnerpublikum gerade ein Medley aus Vorabendmelodien zum besten gab, die wir auswendig kannten: Dick und Doof, Bugs Bunny, Tom und Jerry – aber alles so steif und einschläfernd vorgetragen, dass ihr albernes Gekicher wohl störend auffiel, denn man bat sie höflich doch bitte wieder zu gehen.

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