11.01.20

Man musste nicht blutsverwandt sein, es braucht für Trauer keinen biologischen Bezug. Das ist eigentlich komplett entkoppelt. Ja es muss nicht mal die eigene Spezies sein, etwa wenn einem das geliebte Haustier stirbt, dann müssen die nicht einmal vorher Platten aufgenommen haben.

Bei Cobain war etwas anders. Also nicht mit unserer Trauer, sondern dass er es in die Tagesthemen schaffte. Die anderen waren wohl nicht groß und berühmt genug für die Nachrichten, oder wir begriffen nur nicht, dass deren Börsenwert zu niedrig war. Es ging hier nicht allein um die Sensation, sondern um es uns reinzuwürgen. Wie ein Beweis dafür, dass wir Langhaarigen ja doch nicht mit Geld und Erfolg umgehen könnten. Also bleibt gefälligst arm. Das was die Botschaft. Überlasst das reich sein den Profis, den Reichen, die schon mit dem silbernen Löffel im Arsch geboren wurden, geht zurück in eure Gosse, zurück in den Circus Gammelsdorf, aus dem ihr gekommen seid. Das sind eure Vorbilder? Dann denkt nochmal nach.
Aber ich würde noch heute jedem Hedgefond-Manager eine dieser Leichen als Vorbild vorziehen, weil die etwas geschaffen haben, das man singen kann, und nicht auf den Rest von uns pfeifen.
Und noch etwas schaffen meine lebenden wie toten Helden: sie nehmen mir die Angst vor der Tod, denn wer Songs geschrieben hat, der überdauert. Nach den CEOs kräht kein Hahn.
Was, wenn mal einer von uns stirbt? Also bevor wir auch nur einen Song als Band geschrieben haben? Wir sind unfertig. Das geht so einfach nicht weiter. Wir können noch nicht einmal ans Gehen denken!
Der kanadische Premierminister hat seinen Tod kommentiert. Das ist dann doch anders, als bei Cobain. Immerhin wird einmal zur Kenntnis genommen, das nicht alle Rockstars an Drogen oder durch Selbstmord sterben. Wir hätten eine Legende verloren.
Wir haben den Professor verloren.
Und ich habe noch sehr viel mehr verloren.
Lukas hat mir eine E-Mail geschrieben und sein Beileid ausgesprochen. Er will die die nächsten Tage anrufen, wollte aber nicht so lange warten, weil er weiß, wie hart ich es nehmen würde. Und recht hat er.

© Jens Prausnitz 2023

Schreibe einen Kommentar

Schön, dass Sie kommentieren wollen, herzlich Willkommen! Vorher müssen Sie allerdings noch der Datenschutzerklärung zustimmen, sonst geht da nix. Danach speichert die Webseite Ihren Namen (muss gar nicht der sein, der in Ihrem Ausweis steht), Ihre E-Mail Adresse (egal ob echt oder erfunden), sowie Ihre IP-Adresse (egal ob echt oder verschleiert - ich hab keine Ahnung, ob Sie von Zuhause oder aus einem Internet-Café schreiben). Anders ist es mir nicht möglich zu gewährleisten, dass Sie hier kommentieren können, worüber ich mich sehr freue - denn es ist sehr frustrierend mit den mich sonst erreichenden, meist verwirrenden bis sinnfreien Werbebotschaften allein gelassen zu werden. Vielen Dank dafür, dass Sie da sind!

Noch ein kleiner Hinweis: Kommentieren Sie zum ersten Mal, erscheint Ihr Kommentar erst nach einer Prüfung des Inhalts, einzig um Spam von der Seite fern zu halten, in der Regel dauert das nicht länger als 24 Stunden - dabei handelt es sich nicht um Zensur, sondern um das limitierte Zeitfenster der berufstätigen Person hinter diesem Blog, die Ihnen den ganzen Krempel gratis zur Verfügung stellt. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, und auf zur Checkbox.