24. November 2019

„Du hast mal Hundefutter gegessen hast.“ „Was?“
„Guck nicht so entsetzt, nicht das aus der Dose, sondern diese Snacks? Das in Form gepresste Zeug?“
„Moment, wieso hatten wir Hundefutter im Haus?“
„Weil wir auf den Hund von Brammeiers aufgepasst haben, den Dackel?“
„Nein, sowas meinte ich nicht, so richtige Lügen.“
„Wie was zum Beispiel?“ Mutter klang jetzt ernster als einen Moment zuvor.
Ich holte tief Luft und schloss kurz die Augen. „Na ja, wie… einen Briefumschlag aufmachen, der gar nicht für mich war.“ Dann gestand ich ihr alles, die aufgehobene Adresse, wie ich Vater besucht habe, erzählte ihr von seinem Job, und wie er mich nicht erkannt hatte. Das wollte sie zunächst nicht glauben, akzeptierte es dann aber. Sie nahm es weit gelassener auf, als ich erwartet hätte, aber es war spontan aus mir heraus gesprudelt. Es tat gut ihr das endlich gesagt zu haben, kein Geheimnis mehr vor ihr zu haben. Wie viele Jahre habe ich das jetzt mit mir herum geschleppt? Jetzt war mir das Herz leichter geworden, und nach dem Essen gingen wir beide spazieren. Mein Bauch war so voll, dass ich mich fühlte wie Obelix. Auch vom Mut her jetzt mit allem heraus zu rücken, und den großen Hinkelstein hinter dem Rücken hervor zu zaubern.
„Sag mal Mama, hat mich Vater früher mal gefüttert?“
„Dein Vater? Machst du Witze?“
„Oder hat er mir beigebracht wie man Messer und Gabel hält, irgendwie sowas?“
„Nein, das war ihm alles zuwider, genau wie die Windeln am anderen Ende. Wieso fragst du?“
Jetzt oder nie. Ich erzählte es ihr.

„Es tut mir so leid, dass ich an dir gezweifelt habe.“
„Die Reise hättest du dir sparen können, mein Junge.“
Ich schüttelte den Kopf. „Ich musste es selber erleben, mit eigenen Augen sehen. Es hätte nicht das Gespräch gebraucht, das war ja gar keins. Ihm ging es nur um die Kippe beziehungsweise eine Art Gegenleistung dazu, ein Tauschgeschäft.“
„So schlimm war er sicher nicht.“ Mutter lächelte.
„Verteidige ihn bitte nicht auch noch“, schimpfte ich.
„Tu ich gar nicht, aber er ist auch nicht das Monster, zu dem du ihm jetzt machst.“
„Was habe wir denn von ihm, außer dass wir mit dem Rauchen angefangen haben? Das und wie er mir einmal den Ball geholt hat, das ist alles.“
Mutter wartete einen Moment. „Wie, das ist alles, was dir noch einfällt? Und was ist mit deiner Silberbüchse?“
„Meiner was?“
„Dem Gewehr von Winnetou, das…“
„Ich weiß was die Silberbüchse ist, aber ich hatte nie eine.“
„Doch, aus Holz. Er hat dir ein Gewehr geschnitzt. Kurz bevor er abgehauen ist, erinnerst du dich nicht mehr?“

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